46 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte.
1351 die Mark überlassen hatte, vergaßen die alte Feindschaft mit den
Luxemburgern über dem Haß gegen ihren Bruder Stephan; für die Ver¬
lobung Ottos mit einer kaiserlichen Prinzessin schlossen sie zu Nürnberg mit
Karl einen Erbschaftsvertrag, kraft dessen das Land beim Aussterben der
bayrischen Markgrafen an das Haus Luxemburg fallen sollte; schon jetzt
durften sich Karl und Wenzel den Titel eines „Markgrafen von Branden¬
burg und der Lausitz" beilegen, und Karl beeilte sich, noch in demselben
Jahre die Erbhuldigung entgegenzunehmen. Die Niederlausitz, welche an
die Markgrafen von Meißen verpfändet war, brachte der Kaiser schon im
nächsten Jahr durch Erlegung der Pfandsumme unmittelbar in seinen Besitz.
Wie wenig Karl geneigt war, einer hohen Idee zuliebe sich auf aus¬
sichtslose Unternehmungen einzulassen, bewies er, als ihn Papst Urban V. um
diese Zeit (1363) aufforderte, einen Kreuzzug zur Eroberung Jerusalems zu
machen. Der Kaiser — und wer möchte ihn in diesem Falle tadeln? —
lehnte dies Ansinnen gelassen ab, indem er bemerkte, daß die früheren
Kreuzzüge kein dauerndes Resultat hinterlassen hätten und die gegenwärtige
politische Situation keinen Erfolg verbürge. Er tröstete seine Umgebung, die
sich für den Plan erwärmt haben mochte, mit der Versicherung, Gott werde
zu seiner Zeit die heiligen Stätten gewiß den Händen der Ungläubigen entreißen.
Auch Papst Urban selbst konnte den Kaiser nicht umstimmen, als ihm
derselbe im Frühling des Jahres 1365 einen Besuch in Avignon abstattete.
Wichtige Verhandlungen hatten ihn dahin gerufen. Papst Urban V. wünschte
nach Rom zurückzukehren, was auch höchlichst im Interesse des Reiches war.
Für jetzt begnügten sich die Häupter der Christenheit mit den ersten Vor¬
besprechungen, Karl aber benutzte die Gelegenheit, die Ansprüche des Reiches
auf die niederburgundifchen Lande äußerlich zu bekunden; am 18. Juni ließ
er sich in Arles unter großen Feierlichkeiten mit der Krone des arelatischen
Reiches schmücken.
Dann aber waltete er in anerkennenswerter Weise seines kaiserlichen
Amtes, indem er die Westgrenze des Reiches von der schweren Landplage
der sogenannten „Engländer" befreite. Es waren dies Bretonen, zuchtlose
Banden, die ursprünglich in dem französisch-englischen Kriege als Söldner
gedient hatten, nun aber, abgedankt, unter dem sogenannten „Erzpriester"
Arnaldus von Servola in diesen Gegenden ein entsetzliches Räuberleben
führten. Karl soll den Gedanken angeregt haben, dieselben gegen die Türken
zu entsenden, um sie auf bequeme Art los zu werden; jedenfalls rückte gegen
seine Absicht die „große Gesellschaft", wie sie sich nannte, in den Elsaß ein
und bedrohte Straßburg. Karl, der sich daselbst ohne Truppen befand,
begab sich nach dem festen Selz, brachte ein zahlreiches Heer zusammen und
jagte sie aus dem Lande.
Im nächsten Jahr (1366) gedachte der Kaiser den mit Urban ge¬
pflogenen Verhandlungen Folge zu geben und berief zu diesem Zwecke einen
Reichstag nach Frankfurt. Daß er wirklich beabsichtigte, dem Papste durch
eine italienische Heerfahrt den Weg nach Rom zu bahnen, ergiebt sich daraus,
daß er den Herzog Wenzel von Luxemburg zum Reichsvikar ernannte.
Indessen brachte er sein Vorhaben erst im Jahre 1368 zur Ausführung,
als ihn der Papst gegen Bernabo Visconti, den Herzog von Mailand und