56 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte.
wenigstens für die vollständige Ausführung einer früher mit Papst Eugen
getroffenen Übereinkunft zu sorgen. Allein Friedrich III. war nicht dazu
zu bewegen. Er betrachtete sich als den natürlichen Verbündeten des Papst¬
tums. Es geschah wohl nicht ohne Rückwirkung dieses Verfahrens, daß
der Widerwille der Kurfürsten, durch die Unthätigkeit und Entfernung des
Kaisers ohnehin begründet, zuweilen lebhaft gegen ihn aufbrauste. Schon
im Jahre 1456 forderten sie ihn auf, sich an einem bestimmten Tage zu
Nürnberg einzufinden; denn dazu fei er da, um die Bürde des Reiches
löblich zu tragen: würde er ausbleiben, so würden sie doch zusammenkommen
und thun, was sich gebühre. Da er weder damals noch auch später erschien,
so ließen sie ihm im Jahre 1460 wissen, es stehe ihnen nicht länger an,
ohne Haupt zu fein. Sie wiederholten jene Aufforderung auf Dienstag
nach Pfingsten mit noch schärferen Bedrohungen. Ganz ernstlich gingen sie
damit um, ihm einen römischen König an die Seite zu setzen.
Um so eifriger bemühte sich nun der Papst — es war jetzt jener
Aeneas Sylvins selbst, Pius II. — den Bund des römischen Stuhles mit
dem Kaiser zu befestigen, was nun auch für diesen von großem Werte war.
Die Selbständigkeit der Kurfürsten war beiden höchlich verhaßt. Wie es
schon immer zu den Ansprüchen des Kaisers gehörte, daß kein Kurfürstentag
gehalten werden dürfe ohne feine Einwilligung, so hatte jetzt Pius II. den
Kurfürsten Diether von Mainz sogar verpflichten wollen, keine solche Ver¬
sammlung zu berufen ohne die Einwilligung des päpstlichen Stuhles; es
war der Hauptanlaß feiner Entzweiung mit Diether, daß dieser darauf
nicht eingehen wollte. Pius verhehlte nicht, daß auch er sich durch die
Bewegungen im Reiche, die gegen den Kaiser gerichtet waren, gefährdet
finde. Seinem Einfluß und der Tapferkeit des Markgrafen Albrecht Achilles
von Brandenburg vor allem war es zuzuschreiben, daß sie in nichts zerstoben.
Seitdem finden wir die kaiserliche und die päpstliche Macht, denen ihr
gegenseitig sich ergänzendes Verhältnis zum Bewußtsein gekommen war,
inniger als jemals miteinander verbunden.
Die Reichstage werden unter ihrer vereinten Autorität gehalten; sie
heißen königliche und päpstliche, päpstliche und kaiserliche Tage; wir sehen
die päpstlichen Legaten bei den Reichsversammlungen eintreffen, wie schon
zu Siegmunds, so auch zu Friedrichs Zeiten, und sie sofort eröffnen. ^ Die
geistlichen Fürsten nehmen ihren Platz zur Rechten, die weltlichen zur Linken
des Legaten; erst später langen die kaiserlichen Kommissarien an, um ihre
Vorschläge mit den päpstlichen zu vereinigen.
5. Aas Konzil zu Konstanz und die Kusjttenkriege.
Otto Kämmel, Deutsche Geschichte. Dresden 1889.
Verfall der Kirche. Das Kaisertum war thatsächlich aufgelöst, also
nicht imstande, wie es vor alters geschehen war, den Anstoß zur Kirchen¬
reform zu geben, so dringend nötig diese erschien. Seit mehr als zwei Jahr¬
zehnten, seit 1378, standen sich zwei Päpste gegenüber, jeder mit einem
sicheren Anhang (Obedienz). Hatte nun schon der päpstliche Hof in Avignon,
weil ihm die italienischen Einkünfte teilweise versagten, feine Geldforderungen