Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit (Teil 2)

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bische General Köuigsmark bei der Einnahme Prags am Ende deS 
dreißigjährigen Krieges (1648) in einer dortigen Bibliothek und schickte 
sie als Kriegsbeute nach Schweden. Von dem silbernen Einbande 
heißt die Handschrift Codex argenteus. Eine andere, aus dem Briefe 
an die Römer Einiges enthaltend, befindet sich in der Bibliothek zu 
Wolfenbüttel, und einige Bruchstücke auf der Ambrosianischen Biblio¬ 
thek zu Mailand. 
Wulftla genoß unter seinem Volke großes Ansehen und fand wil¬ 
lige Hörer seines Wortes. Aber der Segen, den er durch Wort und 
Schrift unter den Gothen ausbreitete, wurde bald nachher vernichtet 
durch eine ungeheure Erschütterung, welche die Gothen und alle Völker 
Europa'ö zweihundert Jahre lang verwirrten, bis eine neue Ordnung 
der Dinge, neue Staaten und neue Verhältnisse des Lebens daraus 
hervorgingen. 
Unbekannt sind die Begebenheiten, durch welche die H ion gnu 
oder Hunnen, ein kalmükischer Volksstamm, veranlaßt wurden, ihre 
Wohnsitze in den Steppen Hochasiens zu verlassen. Der Zug dieser 
nomadischen Horden nach Westen, ihr Uebergang nach Europa, gab 
den ersten Stoß zu der großen Völkerbewegung oder Völkerwande¬ 
rung, welche den Untergang des weströmischen Reiches herbei führte. 
Im Jahr 375 überschritten sie unter dem Könige Bala mir die Wolga 
und drangen in das Land der Alanen, einem kriegerischen Nomaden¬ 
volke, das vorzüglich Pferdezucht trieb. Sie wurden theils vertrieben 
nach dem Kaukasus, theils unterworfen und verstärkten die Hunnen. 
Diese zogen weiter über den Don und griffen die Ostgothen an; auch 
sie wurden überwältigt, nachdem sich ihr 110 Jahre alter König Er- 
manürich voll Verzweifiung in sein Schwert gestürzt hatte. Ein glei¬ 
ches Schicksal hatten die Greuthunger und Thervinger (Westgothen) 
am Dniéster. Athanarich zog sich an den Prnth zurück und errichtete 
große Verschanzungen. Die Hunnen drangen aber nicht weiter vor, 
sondern blieben eine Zeitlang in den Steppen des südlichen Rußlands. 
Die geschlagenen Gothen glaubten sich aber nur sicher hinter der Do¬ 
nau. Daher baten sie den Kaiser Valens um Aufnahme in die ver¬ 
ödeten Fluren Mösiens und Thraciens. Zweihundert tausend wehrhafte 
Männer mit Weibern und Kindern wurden im I. 376 mit des Kai¬ 
sers Bewilligung auf das römische Ufer herübergebracht. Zwar hatte 
der Kaiser geboten, ihnen nicht eher den Uebergang zu gestatten, als 
bis sie die Waffen ansgeliefert hatten; allein bei der Eile und Ord- 
nungslosigkeit der Ueberfahrt, die in der Gegend von Noviodunum 
oder des heutigen Galatz, unweit der Pruthmündung geschehen seyn
	        
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