Full text: Zeit- und Lebensbilder aus der neueren und neuesten deutschen und württembergischen Geschichte

— 21 — 
schuf durch eine neue Verfassung, welche allen Unterthanen gleiche Pflichten 
und Rechte einräumte, den einheitlichen Staat. 
3. Die Auflösung des deutschen Reiches (1806). 
Während man in Württemberg anfing, in die neue Verfassung 
sich einzuleben, konnte man doch nirgends der neuen Ordnung der 
Dinge froh werden. Jedermann ahnte, daß der gewaltige Mann, 
der die neuen Zustände geschaffen, zu immer weiteren Plänen und 
Gewaltschritten ausholen werde. Das Jahr 1806 war im südlichen 
Deutschland ein uugemeiu unruhiges; denn überall zwischen dem 
Inn und Rhein, den Alpen und dem Main waren die Regimenter 
Napoleons zurückgeblieben und hatten sich mit nicht geringen Ansprüchen 
in Städten und Dörfern einquartiert. Auch in Württemberg lagen 
französische Abteilungen. Immer wieder hatte man auf den Abmarsch 
der fremden Gäste gehofft; aber die Erwartungen erwiesen sich stets 
als eitel. Endlich lehrten die Ereignisse selbst deutlich, zu welchem 
Zweck der französische Kaiser seine Truppen in der Nähe behalten hatte. 
Er ging nämlich mit dem Gedanken um, das einst so kraftvolle, aber 
nun im Innern morsche „heilige römische Reich deutscher 
Nation" aufzulösen. Es war ihm das ein Leichtes; denn Österreich 
war nach dem unglücklichen Kriege zu sehr erschöpft, als daß es die 
alte Würde noch hätte geltend machen können; und so stiftete denn Na¬ 
poleon am 17. Juli 1806 den Rheinbund, welchem zunächst 16 deutsche 
Staaten, darunter auch Württemberg, beitraten. Der Sitz des Bundes 
war in Frankfurt a. Main; sein Schirmherr war Napoleon. Die 
Fürsten des Bundes blieben im Innern ihrer Lande zwar selbständige 
Herrscher, mußten aber das Recht, Krieg und Frieden zu schließen, an 
Napoleon abtreten, ihm ihre Mannschaften zur Verfügung stellen und 
sich französische Verwaltungsgrundsätze aufnötigen lassen. 
Aus die Stiftung des Bundes hin erklärte Franz II, der letzte Kaiser- 
aus dem Hause Habsburg: er sehe das Band, welches ihn bis jetzt an den 
Staatskörper gebunden, als gelöst an; Amt und Würde des Reichsoberhaupts 
seien erloschen durch die Vereinigung der verbündeten rheinischen Stände; 
er betrachte sich dadurch entbunden von allen übernommenen Pflichten gegen 
das deutsche Reich. Die von ihm bis jetzt getragene deutsche Kaiserkrone 
lege er nieder und entbinde zugleich Kurfürsten, Fürsten und Stände und 
alle Reichsangehörigen, insonderheit auch die Mitglieder der höchsten Reichs-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.