— 3 —
zwar auch zum Stand der Freien, galt aber noch nicht für
vollfrei. — Aus der großen Masse der treten hob sich als
die Nachkommenschaft durch Thaten ausgezeichneter Geschlechter
der Stand der Edeln ab.
9) Nichtfrei waren die leibeigenen Knechte (auch Kriegs¬
gefangene), die samt ihren Kindern wie eine Sache zum Gut
gehörten, seine Waffen tragen durften und die Haus- und
Feldgeschäfte besorgen mußten. Manchmal kam es vor, daß
beim Würfelspiel ein Freier, nachdem er Hab und Gut
verloren hatte, auch noch die Freiheit verspielte und
in den Stand der Nichtfreien herabsank.
10) Das Haupt der Familie war der Hausvater. Die
in der Nähe beisammen wohnenden Familien bildeten eine
Gemeinde mit einer aus den einzelnen Gutshöfen und
der im gemeinschaftlichen Besitz befindlichen Allmand (Weide
und Wald) bestehenden Markung und einem aus der Reihe
der freien Männer gewählten Gemeindevorstand. Alls einer
Anzahl Gemeinden, die innerhalb gewisser natürlicher Grenzen
beisammen lagen, entstand ein Gau, dem einer der ältesten
©betn als Gaurichter oder Graf, einer der frömmsten als
Oberpriester vorstanb. Die Angehörigen mehrerer Gaue bil-
beten einen Volksstamm, ein Volk, dessen Führung in Kriegs¬
zeiten ein Heerführer oder Herzog übernahm. Von einer
alle Stämme umfassenden Einheit als Nation wußten die
alten Deutschen nichts, wie denn auch der Gesamtname
„Deutsche" erst im 0. Jahrhundert aufkam.
11) Die Gesetze wurden in den Volksversammlungen der
Gemeinde, des Gaus oder 'des Stammes beraten. Diese
Volksversammlu.ngen wurden im Freien an einem ge¬
weihten Ort unter einer Eiche ober Stube in den heiligen
Zeiten des Neu- ober Vollmonbs gehalten. Jeber voll¬
freie Mann hatte bas Recht uub bie Pflicht, zu erscheinen;
boch pflegten nur durch Abel, Alter, Kriegsruhm und
Beredsamkeit ausgezeichnete Männer das Wort zu
ergreifen. Die gemachten Vorschläge wurden durch bei¬
fälligen Zuruf oder das Zusammenschlagen der
Waffen angenommen oder mit unwilligem Murren und
Geschrei verworfen.