Full text: [Teil 3 = 6. u. 7. Schulj] (Teil 3 = 6. u. 7. Schulj)

20 
Freunde in Stralsund, deren Vertrauen er verdient hatte, schossen 
ihm dazu die nötige Summe vor. 
Wir wohnten nun zu Dumsevitz fünf bis sechs Jahre, ich meine, 
bis zum Jahre 1780. Wir waren ein Viergespann von Buben, und 
es kamen hier bald noch ein Mädchen und ein Knabe hinzu, so datz 
in Dumsevitz das halbe Dutzend voll ward. Was nun das Außere 
betrifft, so waren wir freilich aus dem Palast in die Hütte versetzt. 
Dumsevitz war ein häßlicher, zufällig entstandener Hof mit einen: 
neuen, aber doch kleinlichen Hause. Indessen lagen hübsche Wiesen 
und Teiche umher nebst zwei sehr reichen Obstgärten. In den Feldern 
gab es Hügel, Büsche, Teiche, Hünengräber, alles in dem unordent¬ 
lichen Zustande eines noch sehr unvollkommenen, ursprünglichen 
Ackerbaus. Die Natur war, mit Goethe zu reden, gottlob noch nicht 
reinlich gemacht und ihre ungestörte Wildheit mit Vögeln, Fischen, 
Wild und Herden desto lustiger. Auch streiften wir, dem fröhlichen 
Jäger, den: Vater und seinen Hunden folgend, oft darüber hin. 
Das hatten wir alles zu genießen; wir behielten aber Schoritz, wo 
uns ganz nahe befreundete Leute wohnten, und das nahe Silmnitz, 
worauf Ohm Moritz Schuhmacher als Pächter gezogen war, eigentlich 
immer noch als unsre Heimat, weil die Nachbarn und Nachbarskinder 
immer wöchentlich, oft täglich zusammenliefen. Dies geschah am 
meisten in dem Wald Krewe, worin wir bei der Vogelfüngerei und 
Vogelstellerei meistens freundlich, zuweilen aber auch feindlich zu¬ 
sammenstießen. Wir hatten überhaupt ein glückliches Leben. Es 
war zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre nach dem Siebenjährigen 
Kriege eine stille, heitere Zeit. Die Menschen fühlten sich außer¬ 
ordentlich wohlig und ließen bei Besuchen und Festlichkeiten wie bei 
Reisen zu entfernten Verwandten die Kinder an dkm freundlich teil¬ 
nehmen. 
3. Im Herbst und Winter, wenn die Eltern am meisten Zeit 
hatten, hielten sie Schule mit uns. Schreiben und Rechnen lehrte 
der Vater, und die Mutter hielt die Leseübungen. Sie machte unsre 
jungen, flatternden Geister durch Erzählungen und Märchen lebendig, 
die sie mit großer Anmut vorzutragen verstand. Das Lesen ging 
aber in den ersten Jahren fast nicht über Bibel und Gesangbuch 
hinaus; ich möchte sagen, desto besser für uns. Sie war eine fromme 
Frau und eine gewaltige Bibelleserin, und ich denke, ich habe die 
Bibel wohl drei-, viermal mit ihr durchgelesen. Das Gesangbuch 
mußte auch fleißig zur Hand genommen werden, und den Samstag¬ 
nachmittag mußten die Jungen unerläßlich entweder ein aufge¬ 
gebenes Lied oder das Sonntagsevangelium auswendig lernen. 
Das geschah, weil sie eine sanfte und liebenswürdige Schulmeisterin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.