§ 44- ägäische Kultur 
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Aus den Ansiedlungsschichten in Orchomenos ergibt sich als älteste 
Form des Wohnhauses die Rundhütte mit Steinring und darüber einge¬ 
wölbter Lehmkuppel. Das Erweiterungsbedürfnis führte zum Ovalbau, 
d. h. einer Hütte mit ovalem Grundriß und eingewölbter Lehmkuppel. 
Ein Fund von Xanthudides bei Chamaisi auf Kreta (ex Kq^xyjq, ’Ecp. 
’Aqx- i9°6 s- ti9 *•) läßt erkennen, wie sich daraus die viereckige Bauart 
entwickelte. Man hat also nicht mehr nötig, die bereits im ältesten Palast 
in Knossos angewandte viereckige Bauart als aus dem Orient (Ägypten 
oder Babylonien) eingeführt zu betrachten (Mackenzie). 
Mykenische Kultur. Die jüngeren Schichten der ägäischen Kultur 
sind uns früher bekannt geworden als die älteren, und zwar durch die 
Ausgrabungen Schliemanns, der seit Anfang der 70er Jahre des 
vorigen Jahrhunderts zunächst in Hissarlik, später in Mykene, Tiryns 
und Orchomenos den Spaten einsetzte. Es ist natürlich, daß Schlie- 
mann, der auf dem Gebiete der Ausgrabungen vollständig Autodidakt 
war, zuerst mancherlei Fehler und Mißgriffe beging, die teilweise 
auch das Ansehen seiner Sache schädigten. Wenn aber auch seine 
Publikationen (Trojanische Altertümer, 1874. Ilios, Stadt und Land der 
Trojaner, 1881, Troja 1883, Mykene 1877, Orchomenos 1881, Tiryns 1886) 
besonders im Anfang mancherlei unrichtige Angaben enthalten, so bleibt 
es doch sein unsterbliches Verdienst, zuerst jene alte Kultur zugänglich 
gemacht zu haben, von der man bis dahin nichts ahnte. Er ist insofern 
der Vater der griechischen Altertumskunde, soweit sie sich auf die 
ältesten Zeiten bezieht. Tatsächlich sind auch die weitaus wichtigsten 
Stätten der myken. Kultur durch Schliemann entdeckt worden; wenn 
man von der Auffindung der gleichzeitigen spätminoischen Kultur in 
Kreta durch Evans absieht, ist eigentlich nur noch ein großes Gebiet 
von dem langjährigen Mitarbeiter Schliemanns, W. Dörpfeld, hinzugefügt 
worden, das westgriechische, wo Dörpfeld ganz neuerdings auch die 
Stätte des alten Pylos festgestellt hat (Ath. Mitt. 1907, 32, 1—16. 
Tiryns, Olympia, Pylos und die Ergänzungen dazu 1908, 33, 185—192 u. 
295—322). Wichtige Einzelfunde sind an einer ganzen Reihe von Stellen, 
in Spata und Menidi (Attika), in Vafio (Sparta, der berühmte Gold¬ 
becher), in Volo (Thessalien), in Assarlik (Kleinasien) und auch in Unter¬ 
italien gemacht worden. Das meiste davon ist in den S. 84/5 genannten 
Hauptwerken bereits verarbeitet. Sicher ist heute, daß das Verbreitungs¬ 
gebiet der mykenischen Kultur nicht geringer als das der kretischen 
gewesen ist. Ihre Zeit ist dadurch festgelegt, daß im Grabe des Rekhmara 
(Zeit Thutmoses III. um 1500 v. Chr.) Keftiu-Krieger abgebildet sind, die 
Gefäße in charakteristisch mykenischer Form tragen: man wird also 
nicht fehlgehen, wenn man die Blüte der mykenischen und der gleich¬ 
zeitigen jüngeren kretischen Kultur auf 1500 ansetzt. 
Chronologie. Eine relative Zeitbestimmung wird durch die Töpfer¬ 
ware ermöglicht, von der ungeheure Massen in Kreta und anderswo, 
vor allem aber in Knossos ans Tageslicht gekommen sind. Danach unter¬ 
scheidet Mackenzie (The pottery of Cnossos, Journ. of. Hell. stud. 1903, 
23> I57—2°6) zuerst die Töpferware der Steinzeit, mit der Hand gemacht 
und ungebrannt, dann nach und nach mit Einritzungen verziert, die mit 
Weiß ausgefüllt sind (diese Technik stammt nach Schmidt, Troja-
	        
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