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Die Israeliten 
von Kanaan über die Halbinsel Sinai sich erstreckende Wüstengebiet 
unter der unmittelbaren Herrschaft Ägyptens stand, so können sehr wohl 
einige der dort hausenden Beduinenfamilien in das eigentliche Ägypten ge¬ 
zogen sein (vgl. Spiegelberg, Randglossen z. A. T. S. nf. und Der Aufent¬ 
halt Isr. i. Ägypten im Lichte der äg. Monumente, 1904). Aus einem Grabe 
in Beni-Hassan kennen wir einen ähnlichen Fall (Abb. b. Stade S. 128). 
Für den Aufenthalt in Ägypten spricht, daß die Erzählungen von Josef 
gute Kenntnis der ägyptischen Verhältnisse verraten. Als Kern dieser 
»ägyptischen Israeliten“ sind die Josefstämme Ephraim, Manasse (Ben¬ 
jamin) anzusehen. 
Moses und die Jahwereligion. Die Gründe, welche vielfach gegen die 
Geschichtlichkeit des Moses vorgebracht wurden, reichen nicht aus, um 
diese ohne weiteres fallen zu lassen. Seinen Namen bringt die Überlieferung 
in enge Beziehung nicht nur zur Einwanderung in Kanaan, sondern auch zur 
Aufrichtung der Jahwereligion im Volke Israel. Der Jahwekultus hat seinen 
Ursprung in der Gegend von Kades-Barnea an der Grenze zwischen der 
arabischen Wüste und dem Sinaigebiet, unweit der Südgrenze Palästinas. 
Das reiche Weideland war stets ein Sammelpunkt der nomadischen Nach¬ 
barstämme. In der Nähe ist auch der ,,heilige Berg", Horeb oder Sinai, 
zu suchen. Der Bericht über die Bundesschließung stellt diesen Berg deutlich 
als Vulkan dar; das paßt auf die dortige Bergkette, nicht aber auf die Halb¬ 
insel Sinai. Moses' Verdienst war es, die verstreuten hebräischen Stämme 
jener Gegenden bis nach Ägypten hinein zusammengeschlossen zu haben, 
erstens durch ein gemeinsames Ziel, die Eroberung des reichen Kulturlandes 
Kanaan, zweitens durch die gemeinsame Verehrung des Gottes Jahwe, 
zu dem er sie in ein besonderes Schutzverhältnis brachte. Die ihm zu¬ 
geschriebene Gesetzgebung ist fast durchweg späteres Erzeugnis. Jahwe, 
ursprünglich wohl als ein Feuergott gedacht (der brennende Dornbusch, 
die Rauch- und Feuersäule, sein Berg = ein Vulkan) entwickelt sich in 
den folgenden Kampfeszeiten zu einem Kriegsgotte, der sein Volk zum Siege 
führt. Die Vermutung Meyers (Die Israeliten und ihre Nachbarstämme), 
daß ein Jahwe, der von den Südstämmen (Juda) in Kades-Barnea als 
Feuergott verehrt wurde, erst später mit einem von dem Stamme Israel 
verehrten gleichnamigen Kriegsgotte, dessen Symbol die Bundeslade war, 
zusammengeflossen sei, scheint recht gesucht, obwohl sie die bis zur Königs¬ 
zeit bestehende Trennung zwischen Süden und Norden erklären könnte. 
Die Besetzung des Landes geschah vermutlich von zwei Seiten aus. 
Einige Stämme drangen von Süden aus in Kanaan ein (Simeon, Juda). 
Ob der meist dazu gerechnete Stamm Levi überhaupt als Volksstamm 
angesehen werden darf, ist zweifelhaft; jedenfalls besteht er zu der Zeit, 
wo der Süden in die Geschichte Israels eintritt, als solcher längst nicht 
mehr, nur der Name hat sich in der Bezeichnung der Priesterkaste er¬ 
halten. Auch Simeon ist früh von der Bildfläche verschwunden, so daß 
für die Geschichte des Volkes Israel von den Südstämmen nur Juda in 
Betracht kommt, abgesehen von den ursprünglich fremden Stämmen, 
Kenitern, Kalebitem usw. Die anderen Stämme kamen vom Ost jordanlande. 
Die dort angesiedelten Stämme Rüben und Gad wurden im Kampfe mit 
den nachdrängenden Ammonitem und Moabitern, später auch mit den 
im Norden auf tretenden Aramäern aufgerieben. Nur einige Zweige des
	        
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