§ i6. Literatur und Kunst.
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Schulreden „Streitfragen“ mit Rede und Gegenrede, sog. controversiae
(Tac. dial. 35, 4); Beispiele gibt Grasberger III 371.
Die Heilkunde. Der Leibarzt des Kaisers Augustus war M.Artorius.
Als Schriftsteller auf dem Gebiete der Heilkunde ragten A. Kornelius
Celsus (unter Augustus und Tiberius) und Plinius der Ältere (gest. 79) hervor,
bes. aber Klaudius Galenus, der unter Mark Aurel zunächst in seiner Vater¬
stadt Pergamon und später in Rom wirkte. Verdiente Ärzte erhielten als
Auszeichnung den Titel archiater (Oberarzt), wovon das deutsche Wort
„Arzt“ abgeleitet wird. Von Spezialärzten gab es Augen-, Ohren- und
Zahnärzte, Chirurgen, die bereits mit Betäubung arbeiteten (Plin. XXXVI
56) und für Frauenleiden Ärztinnen (medicae), die zugleich das Geschäft der
Hebammen betrieben. Die Heilmittel wurden von den Ärzten selbst
bereitet und verabfolgt, aber der Mangel einer staatlichen Aufsicht hatte
zur Folge, daß die fragwürdigsten Elemente zum Ärztestand sich drängten.
Martial erzählt, von zwei Ärzten Roms sei der eine Fechter, der andere
Totengräber geworden, ihre Beschäftigung aber in der Hauptsache dieselbe
gebheben.
Die einzelnen Abschnitte werden am besten getrennt an die Zeitgeschichte ange¬
schlossen, z. B. die Geldwirtschaft an den Beginn der Goldprägung unter Augustus, das
Buchwesen an den augusteischen Dichterkreis, die Heilkunde an die Genesung des
Augustus.
§ 16. Literatur und Kunst.
Quellen. Die erhaltenen Denkmäler und Kunstgegenstände. Dazu ergänzend für
die Baukunst das Werk des Baumeisters Vitruvius Pollio, der unter Augustus
10 Bücher de architectura schrieb.
Literatur. Die Nachweise finden sich in den römischen Literaturgeschichten von
Teuffel-Schwabe II (18906) u. Schanz GdRL, Iw. Müller AW VIII 2 (1899*),
3 (1905 s), 4, 1 (1904). Vgl. auch Ribbeck, Geschichte der röm. Dichtung, II (1889)
u. III (1892). Über die Kunst im allgemeinen s. Springer-Michaelis, Die Kunst
des Altertums, Handbuch der Kunstgeschichte, I (19078) 368—482, über Baukunst
Choisy, Histoirede l’architecture, S 512—612 (Kap. 12). Als bequemes Nachschlage-
buch sei der Bilderatlas von Muzik und Perschinka, Kunst und Leben im Alter¬
tum 1909 (mit genauen Literaturangaben), empfohlen.
Der augusteische Dichterkreis. P. Vergilius Maro aus Andes bei
Mantua (70—19 v. Chr.) gibt über sein Leben und Wirken Auskunft in
der von ihm selbst verfaßten Grabschrift: Mantua me genuit, Calabri
rapuere, tenet nunc Parthenope; cecini pascua, rura, duces. Die „Bukolika“
(10 Hirtengedichte nach der Art Theokrits) erschienen 41—39, die
„Georgika“ (4 Bücher über den Landbau) 30, die „Äneis" erst nach dem
Tode des Verfassers. In der Äneis hat der Römerstolz seinen lebendigsten
Ausdruck gefunden (vgl. VI 847—853); an sie knüpfte die epische Poesie
der Folgezeit an (Dante!). Begeistert kündigte Properz ihr Erscheinen an:
Cedite Romani scriptores, cedite Grail Nescio quid maius nascitur Iliade.
Dem anwesenden Dichter zu Ehren erhob sich das Volk im Theater von den
Plätzen, als die Schauspielerin Kytheris eins seiner Hirtengedichte vortrug.
Als Elegiker ragten hervor Albius Tibullus (55—19 v. Chr.) und Sex.
Propertius (50—16 v. Chr.). P. Ovidius Naso (43 v. Chr. — 17 n. Chr.)
stammte aus Sulmo im Lande der Päligner, Q. Horatius Flakkus