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ben Franzosen unterstützten einheimischen Fürsten Hyder Ali und dessen
Sohn Tippo Saib. Nachdem der letztere bei der Erstürmung seiner
Residenz Seringapatam (im südwestl. Dekhan) gefallen war (1799), war die
englische Herrschaft in Ostindien gesichert.
So erlangte die (1600 gegründete) ostindische Haudelskonipagnie allmählich die
Oberherrschaft über ein von über 200 Millionen Hindus, Mongolen und aus Vorder¬
asien eingewanderten Mnhamedanern bevölkertes, unerschöpflich reiches Gebiet. Durch
die oft indische Bill des jüngeren Pitt wurde 1784 die Kompagnie in allen mili¬
tärischen, finanziellen und politischen Angelegenheiten der Beaufsichtigung der englischen
Regierung unterstellt; im Jahre 1858 ging die Herrschaft vollständig an die englische
Regierung über, im Jahre 1876 nahm die Königin Viktoria den Namen einer Kaiserin
von Indien an; vergl. § 46, 5.
4. Kultur Englands in diesem Zeitraum. Das Hauptinter¬
esse der englischen Nation war auch im 18. Jahrhundert dem öffentlichen
Staatsleben und dem Seewesen zugewendet; dadurch gelangte einerseits die
«Ltaatsberedsamkeit zur Ausbildung, andrerseits stieg der Wohlstand des Landes;
Schiffahrt, Handel sowie die Erdkunde wurden durch Cooks dreimalige Welt¬
umsegelung gefördert. — Auch die englischen Philosophen und Schriftsteller
dieses Zeitraumes waren von vielfachem Einfluß auf das übrige Europa.
Unter deu Staatsrednern ragten die beiden Pitt, die Vertreter der Whigs,
sowie Fox der Gegner des jüngeren Pitt, hervor.
Cooks Reisen (von 1768—79) erschlossen die Küsten Australiens, der Südsee
und die Polargegenden. Cook versuchte auch, in den von ihm entdeckten Ländern
europäische Pflanzen nnd Tiere einzuführen. Auf seiner zweiten Reise war er von
dem Deutscheu Förster begleitet; auf der dritten Reife wurde Cook auf Hawaii,
einer der von ihm entdeckten (und nach seinem Gönner Lord S. benannten) Sand¬
wichinseln, erschlagen.
Der Philosoph John Locke (f 1704) führte alle menschliche Erkenntnis auf die
Wahrnehmung durch die Sinne zurück (nihil est in intellectu, quod non prius fuerit
in sensibus); noch mehr leugnete George HUme (f 1776) das übersinnliche; so ge¬
langten die Deisten zur Verwerfung der geoffenbarten Religion und zum Rationalismus
(Unterwerfung des Glaubens unter die Vernunft). Diese Richtung der Philosophie ge¬
wann bald Einfluß auf das übrige Europa, besonders auf Frankreich; vergl. S. 127.
Über den durch Dry den (f 1701) vertretenen französischen Geschmack in der
englischen Literatur s. S. 92. Dev Vorliebe des englischen Volkes für das Seeleben
kam Defoe entgegen (f 1731; „Leben und seltsame Abenteuer des Robinson Crusoe").
Thomson (f 1748) war in feinen „Jahreszeiten" ein Vorbild für Haller und Kleist;
Uouug (i 1765) begründete durch feine „Nachtgedaukeu" die sentimentale Dichtung
(vergl. Goethes Werther). — Um dieselbe Zeit verfaßte in Schottland Ma cp Herfon
mit Beuützuug irischer Sagen die vom Publikum für eckt und uralt gehaltenen Ge¬
sänge Off ian§; Rotiert B urn s (t 1796) brachte in seinen Liedern den gemütvollen
Volkston zum Ausdruck.
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