Full text: Mittelalter (Teil 2)

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Bald aber bereute Ottokar seine Unterwerfung nnd griff wieder 
zu den Waffen, verlor aber in der Schlacht auf dem Marchfelde 
bei Wien (1278) Sieg und Leben. 
Ottokar fühlte sich noch durch die Spöttereien seiner Gemahlin verletzt, 
die ihm sagte, er habe den deutschen König von ferne wie ein Hund an¬ 
gebellt und in der Nähe angewedelt, er habe es gemacht wie ein Maultier, 
das aus der Ferne sich gegen den Wolf aufbäumt und ausschlägt, sich aber 
dann ohne Widerstand von ihm zerreißen läßt. — In der furchtbaren 
Schlacht auf dem Marchselde trug Burggraf Friedrich die Reichsfahne. 
Rudolf, vou einem böhmischen Ritter vom Pferde geworfen, lag unter diesem, 
und nur sein Schild rettete ihn vor den Hufen der Roffe; bald aber erhob 
er sich und gewann den Sieg. Ein Ritter, von dem Rudolf beinahe ge¬ 
tötet worden wäre, fiel in die Hände der Sieger, die ihn niederhauen woll¬ 
ten, allein Rudolf sagte: „Das verhüte Gott! einen so tapferen Ritter töten, 
hieße dem Reiche unersetzlichen Schaden zufügen." — Ottokar ward von 
einem steiermärkischen Ritter verfolgt, der ihm nachrief: „Das ist der Mann, 
der meinen Bruder getötet!" und ihm einen Hieb durchs Gesicht versetzte, 
worauf ein anderer ihn mit dem Speere durchbohrte. Rudolf trat zu sei¬ 
ner Leiche nnd sprach: „Sehet da die Nichtigkeit aller Größe und alles 
Glückes auf Erden!" 
Nach diesem Siege rückte Rudolf in Böhmen ein. Wenzel, 
Ottokars Sohn, behielt Böhmen und Mähren; Kärnthen erhielt 
Graf Meinhard von Tyrol für seine treuen Dienste. Mit 
Östreich und Steiermark belehnte Rudolf seine Söhne Albrecht 
und Rudolf. Seine sechs Töchter vermählte er an angesehene 
Fürsten. Auf diese Weise suchte er seine Hausmacht zu vermehren, 
um dadurch das Königtum den Fürsten gegenüber wieder zum 
vollen Ausehen zu erheben, ein Gruudsatz, den auch die folgenden 
Könige festgehalten haben. Eben so wußte Rudolf die in den 
Zeiten des Interregnums dem Reiche entrissenen Besitzungen wieder¬ 
zugewinnen. So mußte der fehdelustige Graf Eberhard von 
Würtemberg, dessen Wahlspruch war: „Gottes Freund und aller 
Welt Feind!" sich unterwerfen uud die eingezogenen Lande wieder 
herausgeben, so daß Schwaben wieder ein unmittelbares Reichsland 
wurde. 
Mit gleicher Thätigkeit sorgte Rudolf für die Handhabung 
der Gerechtigkeit und die Herstellung der öffentlichen Ordnung und 
Stacke, Hülfsbuch. II. Teil. 7
	        
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