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Einrichtung der neuen Ackerwirtschaften an die Inhaber verteilt würden.
Andere volksfreundliche Gesetze stellte er in Aussicht.
Am festgesetzten Tage stimmten die Tribus bereits sür Gracchus, da
mußte wegen ausbrechender Unruhen das Wahlgeschäft aus den folgenden
Tag verschoben werden. Inzwischen wuchs die allgemeine Aufregung, und
als im versammelten Senate der Konsul Mucius Scävola sich weigerte,
gegen den ehrgeizigen Tribunen einzuschreiten, führte der leidenschaftliche
P. Scipio Nasica die jungen Adligen samt einer Schar Klienten aufs
Kapitol. Mit Knütteln und anderen eiligst aufgerafften Werkzeugen fielen sie
über Tib. Gracchus her und töteten ihn mit 300 seiner Anhänger. Die
Leichen wurden in der Nacht in den Tiber geworfen. Der Senat, über die
Mordthat felbst entsetzt, entfernte, um die erregte Menge zu beruhigen, den
P. Scipio Nasica mit einem Auftrage nach Asien. Von dort ist er nicht
wieder nach Rom zurückgekehrt. Die Teilungskommission durfte ihre Arbeit
fortfetzen; andere Männer traten neben C. Gracchus in sie ein, zuletzt sehr
entschiedene Führer der Volkspartei, M. Fulvius Flaccus und (5. Papirius
Carbo. Als sie auch die Ackerstücke, die früher vom Staate an italische Ge¬
meinden überlassen waren, auszuteilen begann, gerieten die Bundesgenossen
in Aufruhr; das aufständische Fregellä verlangte das römische Bürgerrecht,
wurde aber durch L. Opimius schwer gezüchtigt. Auf den Antrag des P.
Scipio Ämilianus wurde infolgedessen der Kommission die rechtliche Ent¬
scheidung darüber, was Staats- und Privatbesitz sei, entzogen und den Zen¬
soren gegeben. Seitdem geriet die Arbeit der Ackerverteilung ins Stocken,
und nachdem man später den Bauern ausdrücklich erlaubt hatte, den neu ihnen
zugeteilten Grundbesitz zu verkaufen, wurde 119 die Kommission durch ein
Gesetz aufgehoben. Wegen jenes Antrages und weil er wiederholt vor der
Öffentlichkeit den gewaltsamen Tod seines Schwagers, des Tib. Gracchus
gebilligt hatte, steigerte sich der Haß der Volkspartei gegen P. Scipio
Ämilianus, und eines Morgens fand man ihn tot auf seinem Lager, 129.
Spuren an seinem Halse deuteten auf Mord durch Erwürgung. Die Führer
der gracchischen Partei gingen bald danach in verschiedenen Stellungen in
die Provinzen ; so trat eine kurze Zeit der Ruhe ein. Den C. Gracchus, der
sich seit 126 als Quästor in Sardinien befand, hielt der Senat dort zwei
Jahre lang fern; als er aber auch im dritten Jahre nicht abberufen wurde,
kehrte er eigenmächtig nach Rom zurück. ,
2. C. Sempronius Gracchus verfolgte, 123 und 122 nachein¬
ander zum Tribunen gewählt, mit kühner Entschlossenheit das größere Ziel,
dem Senate die Herrschaft zu entreißen und statt dessen das Volksregiment
aufzurichten. Als Stützen für die neue Demokratie suchte er das Stadtvolk,