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so oft geschildert hatte. Er bereiste deshalb Deutschland, besonders
die Städte an der Ostsee, darauf Holland und England und
zuletzt Österreich. Überall besuchte er die Werkstätten der Hand¬
werker und Künstler und veranlaßte die geschicktesten unter ihnen,
nach Rußland auszuwandern. Zu Saardam in Holland erlernte
er selbst den Schiffsbau und ließ sich in Mathematik und Natur¬
wissenschaften unterrichten.
Unterdessen war abermals ein Aufstand in Rußland aus¬
gebrochen und rief ihn dahin zurück. Nachdem er denselben
unterdrückt hatte, unternahm er einen Krieg gegen Karl XII., König
von Schweden, um die russische Macht bis an die Ostsee auszu¬
dehnen. Dieser Krieg war ein sehr blutiger und dauerte jahre¬
lang, endigte aber mit der Besiegung des Feindes und verschaffte
Rußland die sogenannten Ostseeprovinzen.
Nun erst konnte Peter alle Pläne, die er zum Wohle
seines Volkes ersonnen hatte, zur Ausführung bringen. Zunächst
erbaute er sich seine Residenz Petersburg. Ihre Lage an der
Küste der Ostsee, am finnischen Meerbusen und an der Mündung
der Newa war für den Handel und den Verkehr mit andern
europäischen Städten eine sehr günstige. Dann legte er Schulen
an, ließ Buchdruckereien einrichten, gute Schriften des Auslandes
in die russische Sprache übersetzen und berief gebildete Fremde
nach Petersburg. Seine Fürsorge für sein Volk erstreckte sich
sogar auf das Äußere desselben (Kleidung, Haupt- und Bart¬
haar u. a.).
Nach dem Tode Leforts wurde Ment sch ikow der Liebling
Peters. Merkwürdig sind die Schicksale dieses Mannes. Er stammte
von armen Eltern ab, war zuerst Bäckerlehrling und entdeckte dem Czaren
eine Verschwörung (das vergiftete Gericht). Peter zog ihn an seinen
Hos, machte ihn später zum Minister, und er genoß viele Jahre lang
das unbegrenzte Vertrauen seines Herrn, bis er, des Betrugs überführt,
in die Verbannung nach Sibirien geschickt wurde.
Peter I. starb im Jahre 1725; sein Volk gab ihm aus
Dankbarkeit den Beinamen des Großen.
29. Friedrich der Große. 1740—1786.
Der größte und mächtigste aller deutschen Staaten ist das König¬
reich Preußen. Es umfaßt jetzt 11 Provinzen (Preußen, Posen,
Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen, Westfalen, die Rheinprovinz,
Schleswig-Holstein, Hannover, Hessen-Nassau). Die Hauptflüfse des
Landes ftnb: Rhein, Weser, Elbe, Oder, Weichsel. Die Hauptstadt und
die Haupt-Residenz des Königs ist Berlin.
Der Kern des Landes, an welchen sich im Laufe der Zeit die
übrigen Teile anfügten, ist die Mark Brandenburg. Im Jahre
1415 erhielt der Burggraf Friedrich von Nürnberg, ein Hohen-
zoller, vom deutschen Kaiser Sigismund für eine Schuldforderung von
400,000 Goldgulden die Mark Brandenburg zu Lehn und zugleich die