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§ 3. Geographische Verhältnisse von Ägypten.
I. Die Ägypter.
8 3.
Geographische Verhältnisse des Landes.
1. Das Land Ägypten. Ägypten heißt das untere Stufenland des Nils
an der Nordostseite von Afrika. Es ist ein schmaler, durchschnittlich nur zwei
bis drei Meilen breiter, aber gegen 150 Meilen langer Gebietsstrich, welcher
im Osten von dem Arabischen, im Westen von dem Libyschen Wüstengebirge
eingegrenzt wird und sich erst in der Küstengegend zum sogenannten Nil¬
delta erweitert. Ganz Ägypten ist ein regenarmes und quellenloses Land,
das seine Existenz einzig dem Nilstrome und dessen alljährlichen Überschwem¬
mungen dankt.
Die Mküöerschrvemmungen. Der Nil, einer der größten Flüsse der Erde,
entsteht durch die Vereinigung zweier Hauptarme, des Blauen Stromes, der
aus dem Abessinischen Hochlande herniederstürzt, und des stärkeren Weißen
Stromes, welcher aus dem Ukerewe, einem großen Binnensee in der Nähe des
Äquators, entspringt. Beide nehmen in ihrem Oberlaufe infolge der tropischen
Regen (zur Zeit der Sommersonnenwende) eine außerordentliche Wassermenge auf.
Dieselbe kündigt sich schon Ende Juni in Ägypten durch eine Trübung und langsame
Steigung des Stromes an. Zwei Monate lang nimmt von da an die Nilschwelle
zu und überzieht im August und September allmählich das schmale Thalland
mit einer weithin reichenden Überschwemmung.
Durch Kanäle und Dämme, durch künstlich angelegte Seen und Schöpf-
Vorrichtungen hatte man im Altertum viel besser als heute dafür gesorgt, das
Wasser für späteren Bedarf aufzusparen und auch den höher gelegenen Land¬
strichen zuzuführen, welche von der Überschwemmung nicht mehr erreicht wurden.
Diese alljährliche Dnrchnässung und der dabei zurückgelassene Schlamm verliehen
dem sonnigen Boden eine ungewöhnliche Fruchtbarkeit.
2. Provinzen und Städte. Das kleine Gebiet, welches geographisch in
Ober-, Mittel- und Unterägypten geteilt wird, nährte ehedem eine sehr dichte,
nach alten Berichten auf 7 — 8 Millionen geschätzte Bevölkerung und hatte
eine große Zahl bedeutender Städte. In Oberägypten stand das „Huudert-
thorige" Theben; in Mittelägypten, zwei Meilen südwärts vom heutigen
Kairo, aber am linken Nilufer, lag Memphis, die älteste Hauptstadt des
Landes. Im Delta waren die ansehnlichsten Orte On oder Heliopölis und
Sais, ferner Kanopus1) und Pelusium (an der Ansmündnng der zwei
bedeutendsten Nilarme). Über alle erhob sich später die von Alexander dem
Großen gegenüber der Insel Pharus angelegte Seestadt Alexandria.
Zeitweise gehörten zu Ägypten auch die stromaufwärts gelegenen Länder
Nubien und Äthiopien (oder Abessinien) als unterworfene Provinzen.
O Über die Betonung der altsprachlichen Namen vergl. den Anhang am Schlüsse
dieses Buches.