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flüchtig in kaiserlichen Diensten stand, und Friedrich Wil¬
helm der große Kurfürst von Brandenburg, welcher nicht
rrur für den evangelischen Glauben, sondern auch für das zer¬
rissene Deutschland von Frankreichs Übergewicht fürchtete. Das
Mißverhältnis der Streitkräfte trat um so greller zu Tage, als
im Gegensatz zu Frankreich Holland schlecht gerüstet war. Die
Republikaner, welche den Staat geleitet (die Statthalterschaft
nämlich war durch das Decretum perpetuum abgeschafft wor¬
den), hatten die Festungen verfallen lassen und nur für die
Flotte gesorgt.
c) Verlauf des Krieges. Im Jahre 167*2 brach 1072
Ludwig los; in zwei Abteilungen rückte das französische Haupt¬
heer, 120 000 Mann stark, unter Conds, Tureuue und
Vauban gegen den Rhein vor; der König selbst befand sich
bei seinen Truppen. Gleichzeitig griffen kölnisch-münsterische
Streitkräfte von Osten an. Nach dem kühnen Rheinübergang
bei Tolhuis (unterhalb Emmerich) drangen die Franzosen
schnell bis in das Herz der Generalstaaten vor, und bald
stand Ludwig nur noch drei Stunden von Amsterdam. Die
Friedensanerbietungen der erschreckten Republikaner (Zahlung
von 10 Millionen Kriegskosten und Abtretung der Generali¬
tätslande) wurden von Ludwig zurückgewiesen. Da sich aber
die Franzosen, anstatt rasch Amsterdam zu nehmen, mit der
Belagerung der Festungen aufhielten, so gewannen die Hol¬
länder Zeit, sich zu sammeln. Während Ludwig zu seinen
Vergnügungen nach Paris zurückkehrte, gewann in den Nieder¬
landen die oranische Partei wieder die Oberhand. Die
drohende Haltung des Volkes erzwang die Aushebung des
Decretum perpetuum, und der thatkräftige und staatskluge
Wilhelm III. von Oranien trat noch kurz vor der Er¬
mordung des hochherzigen Johann de Witt und seines
Bruders Cornelius an die Spitze der Republik. Seine
thatkräftigen^Maßregeln, die Durchstechung der Dämme von
Seiten der Holländer und der vergebliche Angriff der englisch¬
französischen Flotte gaben der Sachlage schon Ende 1672
eine andere Wendung. Zudem erschien auch der große Kur¬
fürst mit Truppen, und auch der Kaiser schickte auf des
Brandenburgers Betrieb ein Heer unter Montecuculi.
Allerdings hatte der letztere die geheime Weisung sich in kein
Gefecht einzulassen, so daß sich Friedrich Wilhelm vom Kaiser
preisgegeben sah und im Juni 1673 den Separatfrieden 1673
von Vossem (östlich von Brüssel) abschließen mußte, durch
den er seine von den Franzosen eroberten rheinisch-westfälischen
Besitzungen bis auf einige Festungen zurückerhielt. Als aber
die Franzosen auf die rücksichtsloseste Weise deutsches Reichs-
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