Full text: Lehrbuch der neueren Geschichte

172 
Hausen (bei Hannover) England und Frankreich für seine 
Ansprüche gewonnen. Gegen die Anerkennung der pragma- 
1726 tischen Sanktion (s. Seite 180) versprach im Jahre 1726 im 
Vertrage zu Königs-Wusterhausen auch der Kaiser, die 
Schwierigkeiten, welche der preußischen Besitznahme Bergs und 
Ravensteins entgegenstanden, zu beseitigen. Im anderen Falle 
sicherte der Kaiser dem Könige den Besitz eines anderen Reichs¬ 
landes von gleicher Größe zu. Geschähe auch dies nicht, so 
solle es sein, als wenn der Vertrag niemals geschlossen 
wäre. Trotz alledem gelang es nicht, die Linie Psalz-Sulz- 
bach, die nächstberechtigte Erbin Psalz-Neuburgs, zum Aus¬ 
geben ihrer Rechte auf Jülich und Berg zu bewegen, zumal 
es auch dem Kaiser mit seinem Versprechen nicht ernst war, 
so daß er sogar den Anfall der genannten Lande an Prenßen 
zu hintertreiben suchte. Der König, bisher ein treuer An¬ 
hänger des Reichsoberhauptes, suhlte sich durch dieses Ver¬ 
fahren schwer verletzt. „Hier steht einer, der wird mich rächen"; 
soll er, auf seinen Sohn zeigend, gesagt haben. Da Friedrich 
Wilhelm noch vor dem letzten Kurfürsten von Psalz - Neuburg 
starb, so überließ sein Nachfolger Friedrich II. die Erbfolge 
i74i 1741 in den genannten Herzogtümern an Pfalz-Sulzbach, da 
er aus Rücksicht auf Frankreich (s. Seite 181) seine Rechte 
nicht geltend machen wollte. Erst mit diesen: Vergleich ist der 
langwierige jülich-klevesche Erbschaftsstreit beendigt. 
e) Friedrich Wilhelms Lebensart und Charakter. 
Im Gegensatz zu den anderen Fürsten seiner Zeit befleißigte 
sich Friedrich Wilhelm einer bürgerlichen Lebensweise. Seiner 
deutschen Gesinnung war alles französische Wesen verhaßt. 
Er ließ zwar seine Kinder nach der Sitte der Zeit französisch 
erziehen; er selbst duldete aber nicht, daß in seinen Gesell¬ 
schaften französisch gesprochen ward, auch gegen Familien¬ 
glieder und die Gesandten deutscher Staaten gebrauchte er nur 
die deutsche Sprache. Von Glanz und Prunk war bei ihm 
keine Rede, seine bis zum Geiz übertriebene Sparsamkeit ge¬ 
stattete denselben nicht; nur für seilte Soldaten, Kirchen und 
Schulen war er freigebig. Durch seine Sparsamkeit bezahlte 
er nicht nur bald die von seinem Jßater hinterlassenen Schul¬ 
den, sondern er hinterließ seinem Sohne noch einen Schatz von 
neun Millionen Thaler. Bezeichnend für den Charakter des 
Königs ist das sogenannte Tabakskollegium, von ihm ein¬ 
geführte Abendgesellschaften, in welchem bei Tabak, Bier und 
einfachem Abendbrot die freieste Unterhaltung ohne allen Zwang 
geführt ward und zu welchen Einladungen an Minister, Ge¬ 
nerale , Gesandte, hervorragende Gelehrte u. s. w. ergingen. 
i74o— Friedrich Wilhelm starb den 31 sten Mai 1740. Die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.