Full text: Lehrbuch der neueren Geschichte

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Schrift: „An den christlichen Adel deutsch er Nation: von 
des christlichen Standes Besserung.^ In derselben zog 
er zu Felde gegen die Üppigkeit des päpstlichen Hofes, die 
Aussaugung des deutschen Volkes, forderte freie Besetzung der 
deutschen Kirchenämter mit Deutschen, Entscheidung der Prozesse 
vor deutschem Gericht, Abschaffung der weltlichen Gewalt des 
Papsttums, Beschränkung der Bettelmönche, Reorganisation der 
Klöster, Aufhebung des Cölibates, Besserung des akademischen 
Studiums und des Volksunterrichtes n. s. w. So regte er 
das deutsche Nationalgefühl mit glänzender Beredsamkeit in 
seinen Tiefen auf und gab der Reformation eine durchaus 
revolutionäre Richtung, obwohl er das Schwert der Ritter¬ 
schaft ablehnte und einer friedlichen Umgestaltung das Wort 
redete. — In der zweiten fast gleichzeitigen Schrift (Oktober 
1520): «De capiivitale Babylonica ecelesiae praeludium» 
griff Luther mehr die dogmatischen Mißbräuche der katholischen 
Kirche an, verlangte den Kelch beim Abendmahle auch für die 
Laien, bestritt den Charakter der Messe als Opfer und be¬ 
schränkte die sieben Sakramente auf Taufe, Buße und Abend¬ 
mahl, als allein auf göttlicher Einsetzung beruhend. 
Hatte sich der Reformator durch diese Schriften thatsächlich 
bereits von Rom losgesagt, so fand sich bald eine Gelegenheit, 
dies tauch äußerlich und sinnbildlich vor aller Welt zu verkünden. 
Auf betrieb der Gegner Luthers sprach Leo X., welcher bis 
dahin geneigt gewesen war, die Bewegung für ein Mönchs¬ 
gezänke zu halten, den löten Juni 1520 den Bann über ihn 1520 
ans, wenn er nicht binnen 60 Tagen widerrufe. Eck brachte 
diese Bulle nach Deutschlands aber Luther gab eine Flugschrift 
gegen dieselbe heraus, erneute seine Berufung vom Papste als 
einem „erhärteten Ketzer" an ein freies christliches Konzil und 
verbrannte endlich am lOten Dezember 1520 die Bannbulle 
samt dem kanonischen Rechtsbuche in Gegenwart einer großen 
Menge von Studenten und Professoren öffentlich vor dem 
Elsterthore zu Wittenberg mit den Worten: „Weil du den 
Heiligen des Herrn betrübet hast, so verzehre dich 
das ewige Feuer." 
III. Durchbruch der Reformation. 
1. Thronbesteigung Karls V. 1519. Am 12ten Jauuar isis 
1519 war Kaiser Maximilian I. gestorben. Drei mächtige Herr¬ 
scher Europas bewarben sich um die deutscheKönigskrone, Hein¬ 
rich VIII. von England, Franz I. von Frankreich und Karl I. 
von Spanien, der Enkel Maximilians und der Maria von Bur¬ 
gund. Heinrich, dessen Aussichten zu gering waren, trat bald
	        
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