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in Grün kleidet, die Bäume mit frischem Laub bedeckt. Wir
wollen ihn lieben, den gütigen Vater im Himmel, der den Früh—
ling zur Freude der Menschen schuf.
J
76. Frühlingsglaube.
Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden!
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Es muß sich alles, alles wenden.
UÜUhland.
77. Der Sommer.
Der liebliche Frühling weicht dem Sommer mit seinen heißen
Tagen. Die Sonne glänzt an dem heiteren Himmelsgewölbe und
gießt ihre Wärme auf die fruchtreiche Erde aus. Die duftenden
Blumen, das saftreiche Gemüse, das reifende Obst, die wogenden
Saaten schmachten nach Regen. Da trübt sich der Himmel, es
türmen sich Gewitterwolken auf, die Blitze zucken, der Donner
rollt, der wohltätige Regen strömt nieder und tränkt die Erde mit
ihren Blumen, Kräutern und Bäumen. Ein neuer Lebensstrom
ergießt sich über die Schöpfung. Die Blumen erheben nun wieder
ihr Haupt und wenden ihre glänzenden Augen dem Sonnenlichte
zu, das sich neue Bahnen durch den Wolkenschleier bricht. Die
Sommerfrüchte beginnen zu reifen. Die Kirschen röten sich und
lächeln uns aus dem noch frischen Grün der Bäume lieblich ent—
gegen. Am niederen Gesträuche reift die Stachel- und Johannis—
beere, die der Knabe ohne Gefahr pflücken kann. Die Ähren
schwellen, das Korn und der Weizen werden gelber, der Schnitter
schürft die Sense und die Sichel, um den Segen der Felder wohl—