Aus der orientalischen (morgenländischen) Geschichte. 35
schäften) ein, an deren Spitze königliche Beamte aus persischem Geschlechte standen,
die vom Hofe aus durch besondere Sendboten überwacht wurden.
Nachdem die Ruhe im Innern gesichert war, wollte Darius auch durch
glänzende Kriegstaten als würdiger Nachfolger des Cyrus erscheinen. Er unter¬
nahm einen Zug gegen den Erbfeind der Perser, die Skythen. Dieser Krieg
führte zum erstenmal asiatische Heere auf europäischen Boden. Darius wählte
nämlich den Weg über den Bosporus und die Donau. Zu den Brücken
stellten die Ionier die nötigen Schiffe und Gerätschaften. Zwar vermochte Darius
gegen die Skythen nichts auszurichten; aber in Europa mußte ihm Thrazien
huldigen, wodurch die Perser fast unmittelbare Nachbarn des
griechischen Festlandes wurden. Bald sandte der Großkönig Späh-
schiffe aus, um die Küsten Griechenlands und Italiens zu erforschen. Der Zu¬
sammenstoß mit den Griechen sollte aber zuerst in Asien erfolgen.
d) Einiges über das Leben und die Sitten der Perser.
Die Perser waren ein tüchtiges und tapferes, mit ebeln Geistesgaben aus¬
gestattetes Volk; in späterer Zeit verweichlichten sie. Besonders wird ihre Wahr¬
heitsliebe gerühmt. „Für die größte Schande gilt das Lügen", sagt Herodot.
An einer andern Stelle berichtet derselbe Schriftsteller: „Ihre Knaben erziehen sie
vom fünften bis zum zwanzigsten Jahre nur in drei Dingen: im Reiten, im
Bogenschießen und in der Wahrhaftigkeit."
Als Gottheiten verehrten sie die Sonne, den Mond und die „Elemente",
besonders das Feuer. Sie opferten unter freiem Himmel; Tempel und Götter¬
bilder waren ihnen unbekannt. Wollte jemand ein Opfertier schlachten, so mußte
er einen Magier (Priester) hinzuziehen.
Der Mächtigste und Höchste nach den Göttern war der König, gewöhnlich
Großherr oder Großkönig genannt. Er war unumschränkter Herr (Despot) über
alle Untertanen, welche ihm gegenüber nur als Knechte galten. Seine prächtigen
Paläste, von denen noch großartige Trümmer vorhanden sind, lagen in Susa,
Persepolis und Ek 6 ata na. Hier thronte er in fast unnahbarer Majestät;
wer vor sein Antlitz trat, warf sich auf die Erde; kam jemand unangemeldet, so
traf ihn der Tod. Den freiheitsstolzen Griechen war diese Vergötterung eines
Menschen ein Greuel. Nur selten zeigte sich der König seinem Volke, und dann
stets in vollem Glanze der Majestät, im Purpurgewande mit goldenem Gurt und
edelsteinblitzender Schwertscheide, mit hoher Tiara (Kopfschmuck) und safran¬
gefärbten Schuhen. Bei Prachtaufzügen gingen Peitschenträger zur Seite und
voraus, um fremde Annäherung abzuhalten.
Ein auserwähltes Heer, die lOOOO Unsterblichen, hatte der König
stets zu feiner Verfügung. Außerdem gab es im ganzen Reiche stehende Be¬
satzungen, die durch gute Heerstraßen und regelmäßigen Postverkehr mit der
Hauptstadt in Verbindung standen. Nur auf diese Truppen konnte der Gro߬
herr sich im Falle eines Krieges verlassen; denn die unterworfenen Volksstämme
des ungeheuren Reiches folgten nur gezwungen und ungern seinem Machtwort?.
Zu der Flotte stellten die Ionier und Phönizier die meisten Schiffe.
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