Der"zweite puntsche Krieg. 79
Paulus, die einen um den anderen Tag den Oberbefehl führten. Jener,
von niederem Stande, war eitel und unerfahren, dieser, aus altem Ge-
schlechte, besonnen und ruhig. Hannibal hatte nur eine halb so starke
Streitmacht; dennoch nahm Ämilius die ihm oft angebotene Schlacht
nicht an, denn er fürchtete die überlegene Reiterei des Feindes. Der
hitzige Varro indessen sührte eines Tages, als er den Oberbefehl hatte,
das Heer zur S ch l a ch t b e i C a n n ä, in welcher die Römer eine Nieder- 216
läge erlitten, wie sie feit der Schlacht an der A l l i a keine erlebt hatten:ö- 61>L
70 000 Römer bedeckten das Schlachtfeld, unter ihnen die beiden Konsuln
des vorigen Jahres, 80 Senatoren und 3000 römische Ritter. In Rom
gab es kaum ein Haus, das nicht einen Gefallenen zu beweinen gehabt
hätte. Varro hatte sich nach Rom gerettet; trotz seiner Schuld dankte
ihm der Senat, daß er am Vaterlande nicht verzweifelt habe. Hannibal
/ sammelte auf dem großen Schlachtfelde die Rüstungen und Waffen der
Feinde und schickte einen Scheffel goldener Ringe'nach Karthago, die
Römische Ritter als Zeichen ihrer Würde getragen hatten.
e. Hannibal in Süditalien; Syrakus. Infolge dieser Schlacht
fielen die unterworfenen Völker Ober- und Unteritaliens von Rom ab •
stündlich erwartete man einen Angriff auf die Hauptstadt. Aber gerade
in dieser schwierigen Lage erwies sich der römische Senat wahrhaft groß.
Er gab den Gesandten Hannibals, die Friedensvorschläge machten! die
Antwort: „So lange noch ein Punier in Italien ist,' braucht ihr an
emen Frieden nicht zu denken." Fabius und Marcellus wurden zu
Oberfeldherren ernannt. Hannibal zog in das reiche Capua, um hier
den Winter über sich zu neuen Thaten zu rüsten. Seit dem ^ahre 215
aber verließ ihn das Schlachtenglück. Bei der Bel^erMg^der^festen
Stadt Nola wurde er von Marcellus zurückgeschlagen. Die Römer
ehrten diesen für den ersehnten Sieg: sie nannten Fabius ihren „Schild",
Marcellus ihr „Schwert." Für Hannibal wurde die Lage immer be¬
denklicher: seine Kerntruppen waren in den vielen Schlachten gefallen
die übrigen in dem schönen Italien verweicklickt und seine Vaterstadt
ließ ihn trotz seiner Bitten schmählich im Stich. Die Römer suchten
Hannibal auf em immer kleineres Gebiet zu beschranken und schickten
gleichzeitig em Heer unter Marcellus nach Sicilien. um Syrakus zu
züchtigen, das mit Hannibal einen Bund geschlossen hatte. Erst nach
zwei Jahren gelang die Eroberung, bei der auch Archimedes, der die 212
Stadt mit den von ihm erbauten Maschinen verteidigt hatte, erschlagen B-ebr-
wurde. Er saß in Nachdenken vertieft über mathematischen Figuren 'die
tt mit. emem Stabe vor sich in den Sand gezeichnet hatte, als ein
Römer eintrat. „Zertritt mit meine Zirkel nicht!" rief er dem Störer
zu; dieser aber, unwillig über den grämlichen Alten, stieß ihn nieder.
Cicero erkannte spater das Grabmal an einer Kugel, die der Feind dem
Mathematiker aufs Grab gefetzt hatte. — Sicilien ward wieder eine
romische Provinz.
In Italien belagerten die Römer während dieser Zeit (Loihlcl
Um sie von der Stadt abzuziehen, rückte Hannibal vor Rom. Wohl '
gitterte die Stadt bei dem Ruf: „Hannibal kommt!" aber er wagte die