Object: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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er uns, „vas hält man im Schweizerlande von dem Luther?“ Wir 
antworteten: „Mein Herr, es sind allenthalben mancherlei Meinungen. 
Manche können ihn nieht genugsam erheben und Gott danken, dab 
er seine Wahrheit dureh ihn geoffenbart und die Irxrtümer zu er- 
Kennen gegeben hat; manche aber verdammen ihn als einen ver— 
ruehten Kefzer und vor andern die Geistlichen.“ Da sprach er: „Ieh 
denke mir's wobl.“ 
2. Unter solehem Gespräche ward uns gar heimlieb, sodab mein 
Gesell das Buehel, das vor ihm lag, aufhob und sperrete es auf. Es 
war ein hebräischer Psalter. Da legte er das Buehel wehnell viede 
hin, und der Reiter nahm es zu sieh Und mein Gevell sprach: „Ich 
wollte einen Finger von der Hand hergeben, dab ioh dies— Sprache 
verstunde.“ Antwortete er: „Ihr werdet sie wobl begreifen, wenn 
ihr anders Fleiß anwendet. Aueh ieh begehre, sie weiter erlernen, 
und übe mieh täglieh darin.“ Unterdes ging der Tag gan- hinunter, 
und es wurde sehr dunkel, bis der Wirt an den Tisoh ban. 63 
unser hoch Verlangen und Begierde nach dem M. Luther vernommen, 
rief er mieh, iebh sollte vor die Stubentür zu ihm berauonnen. 
Da sprach der Wirt zu mir: „Dieweil ieh erkenne, dab ibr den Lamer 
zu hören und zu sehen begehrt — der ist's, der bei euen ie 
Diese Worte nahm ieh für Spott und sprach: „Ja, Herr Wirt, Ihr 
wollt mieh gern foppen und meine Begier duren Luthers Prugbild 
ersattigen.“ Pr antwortete: „Er ist es gewiblich Doch tue nieht, 
als ob du ihn dafür haltest und erkennestl leh lüeß daner dem 
Virt recht; ieh Konnte es aber nit glauben. Ieh ging wieder in die 
Stube, setate mieh wieder zu dem Tische und btte es doeh gern 
meinem Gesellen gesagt, was mir der Wirt eröffnet hatte. Unuen 
wandte iehn mieh zu lbin und raunte heimlich „Der Mirt hat mir 
gesagt, der sei der Luther.“ Er wollte eg aueh, wie ieh, nieht so- 
gleieh glauben und sprach: „Er hat vielläint gesagt, es sei der 
Hutten, und du hast ibn nieut reoht vertandente Wenl mien nun 
die Reiterkleidung und Gebärde mehr an äen Hutten denn an den 
Luther, als einen Mönch, gemahnten, lieb ieh mieh bereden, er hätte 
gesprochen: „Es ist der Hutten,“ da die Anfaãnge beider Namen schier 
zusammenklingen. Was ieh deshalb ferner rodete, geschab so, als 
ob ieh mit Herrn Ulrieh von Hutten redeto, 
3. Vihrend alledem kamen wei Kaufleute, dĩie aueh allda ũüber 
Naceht bleiben wollten, und nachäem vie vion entkleidet und entspornt, 
legte einer neben sieh ein neueingebandenes Bueh. Da fragte NMarti- 
nus, was das für ein Bueh vare h sprach: „Es ist Doktor Luthers 
Auslegung etlicher Evangelien und Ppisteln, erst neu gedrucekt und 
ausgegangen. Habt Ihr die nie geseten? Sprach MNartinus „Sie 
Jerden mir aueh bald zuhommen Da aprack der Vin „Nun ver- 
sugt euch zum Tiseh! Wir wollen eggen Wir aber apracen, der 
Nirt möehte Nachsioht mit uns baben und uns etwag Bevondere— 
ßoben. Da sprach der Wirt: Liebe fesellen, etzt euon nur den 
Herren an den Tisch! Iehb vil euch anstãndig halten.“ Da das 
Martin hörte, sprach er: Kommt hberzu! leb vl de Zehrung mit
	        
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