— 1427 —
er uns, „vas hält man im Schweizerlande von dem Luther?“ Wir
antworteten: „Mein Herr, es sind allenthalben mancherlei Meinungen.
Manche können ihn nieht genugsam erheben und Gott danken, dab
er seine Wahrheit dureh ihn geoffenbart und die Irxrtümer zu er-
Kennen gegeben hat; manche aber verdammen ihn als einen ver—
ruehten Kefzer und vor andern die Geistlichen.“ Da sprach er: „Ieh
denke mir's wobl.“
2. Unter solehem Gespräche ward uns gar heimlieb, sodab mein
Gesell das Buehel, das vor ihm lag, aufhob und sperrete es auf. Es
war ein hebräischer Psalter. Da legte er das Buehel wehnell viede
hin, und der Reiter nahm es zu sieh Und mein Gevell sprach: „Ich
wollte einen Finger von der Hand hergeben, dab ioh dies— Sprache
verstunde.“ Antwortete er: „Ihr werdet sie wobl begreifen, wenn
ihr anders Fleiß anwendet. Aueh ieh begehre, sie weiter erlernen,
und übe mieh täglieh darin.“ Unterdes ging der Tag gan- hinunter,
und es wurde sehr dunkel, bis der Wirt an den Tisoh ban. 63
unser hoch Verlangen und Begierde nach dem M. Luther vernommen,
rief er mieh, iebh sollte vor die Stubentür zu ihm berauonnen.
Da sprach der Wirt zu mir: „Dieweil ieh erkenne, dab ibr den Lamer
zu hören und zu sehen begehrt — der ist's, der bei euen ie
Diese Worte nahm ieh für Spott und sprach: „Ja, Herr Wirt, Ihr
wollt mieh gern foppen und meine Begier duren Luthers Prugbild
ersattigen.“ Pr antwortete: „Er ist es gewiblich Doch tue nieht,
als ob du ihn dafür haltest und erkennestl leh lüeß daner dem
Virt recht; ieh Konnte es aber nit glauben. Ieh ging wieder in die
Stube, setate mieh wieder zu dem Tische und btte es doeh gern
meinem Gesellen gesagt, was mir der Wirt eröffnet hatte. Unuen
wandte iehn mieh zu lbin und raunte heimlich „Der Mirt hat mir
gesagt, der sei der Luther.“ Er wollte eg aueh, wie ieh, nieht so-
gleieh glauben und sprach: „Er hat vielläint gesagt, es sei der
Hutten, und du hast ibn nieut reoht vertandente Wenl mien nun
die Reiterkleidung und Gebärde mehr an äen Hutten denn an den
Luther, als einen Mönch, gemahnten, lieb ieh mieh bereden, er hätte
gesprochen: „Es ist der Hutten,“ da die Anfaãnge beider Namen schier
zusammenklingen. Was ieh deshalb ferner rodete, geschab so, als
ob ieh mit Herrn Ulrieh von Hutten redeto,
3. Vihrend alledem kamen wei Kaufleute, dĩie aueh allda ũüber
Naceht bleiben wollten, und nachäem vie vion entkleidet und entspornt,
legte einer neben sieh ein neueingebandenes Bueh. Da fragte NMarti-
nus, was das für ein Bueh vare h sprach: „Es ist Doktor Luthers
Auslegung etlicher Evangelien und Ppisteln, erst neu gedrucekt und
ausgegangen. Habt Ihr die nie geseten? Sprach MNartinus „Sie
Jerden mir aueh bald zuhommen Da aprack der Vin „Nun ver-
sugt euch zum Tiseh! Wir wollen eggen Wir aber apracen, der
Nirt möehte Nachsioht mit uns baben und uns etwag Bevondere—
ßoben. Da sprach der Wirt: Liebe fesellen, etzt euon nur den
Herren an den Tisch! Iehb vil euch anstãndig halten.“ Da das
Martin hörte, sprach er: Kommt hberzu! leb vl de Zehrung mit