Full text: Geschichtsbilder aus der vaterländischen Geschichte für einfache Schulverhältnisse

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Alpen, streckenweise ans Rindshäuten über Eis- und Schneeselder ge¬ 
schleift, um von dem Papste Lossprechung vom Banne zu erlangen. 
Drei Tage stand er im Januar 1077 barfuß und im Büßerhemde im 
Schlosshofe zu Canossa, wo der Papst bei der Markgräsin Mathilde 
weilte. Erst sein Flehen, der Markgräfin Thränen und eines Abtes 
Fürbitte endeten die Schmach des Kaisers und den Triumph des Papstes. 
Nach einem Fußfall wurde Heinrich vom Banne losgesprochen, sollte 
sich aber der Regierung vorläufig enthalten. Voll Ingrimm zog er 
heimwärts. Dort hatte man seinen Schwager Rudolf als Gegen¬ 
kaiser ausgestellt. In der Schlacht wurde derselbe aber durch einen 
Lanzenstich tödtlich verwundet und seine rechte Hand abgehauen. Ster- 
bend sprach er: „Das ist die Hand, mit der ich Heinrich Treue schwur!" 
Heinrichs Anhang mehrte sich von Tag zu Tag. Als er alle seine 
Gegner in Deutschland zu Paaren getrieben, zog er nach Italien, er¬ 
oberte Rom, belagerte den Papst in der Engelsburg und setzte einen 
andern Papst ein. 
4. Das Ende der Gegner. Gregor rettete sich nach Unteritalien 
uni) starb dort in der Verbannung mit den Worten: „Ich habe das 
Recht geliebt und das Unrecht gehasst, darum sterbe ich in der Ver¬ 
bannung !" Heinrich war durch Irrthum und Leiden gebessert, weise, 
mild und gerecht geworden, aber das Unglück heftete sich an feine 
Fersen und verfolgte ihn bis über das Grab hinaus. Sein eigner 
Sohn empörte sich gegen ihn und nahm ihn gefangen. Zwar entkam 
er, doch der Gram brach sein Herz; er starb in den Armen seines 
Freundes, des Bischofs von Lüttich. Aber auch im Tode fand er keine 
Ruhe; 5 Jahre blieb feine gebannte Leiche nnbegraben. Ein Mönch 
aus Jerusalem wachte neben ihr und betete sür seine Seele. Erst 1111 
wurde er vom Banne befreit und feierlich begraben. Sein herzloser 
Sohn Heinrich V. fand im Leben nichts als Kämpfe und starb endlich 
ungeliebt, unbetrauert und kinderlos, der Letzte aus dem fränkischen 
Kaiserhause. 
IX. Der erste AreuWg 1096—1099. 
1. Ursachen der Kreuzzüge. Seit Helena, Konstantins Mutter, 
das heilige Land besucht und über der Gruft des Heilandes eine Ka¬ 
pelle erbaut hatte, zogen viele Pilger nach den heiligen Stätten. Als 
die Araber Herren Palästinas wurden, forderten sie von den Pilgern 
eine Abgabe, störten aber ihre Andacht nicht. Grausame Erpressungen 
und Mishandlungen hatten jedoch die Pilger zu erdulden, als die 
rohen Türken das Land eroberten. 
2. Peter von Amiens, ein französischer Einsiedler, schürte das 
glimmende Feuer des Unwillens darüber zu Heller Flamme. Barfuß 
und barhäuptig, das abgeschabte Pilgerkleid mit einem Strick um- 
Polcick, Realienbuch. (Geschichte). 9
	        
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