— 24 —
mussten bie überlegene Macht der Krämer fühlen. Die Bürger Augs¬
burgs kamen Fürsten an Reichthum und Pracht gleich. Nürnbergs
Bürger wohnten besser als die Könige Schottlands, und Danzigs
Bürgermeister erklärte dem Dänenkönige den Krieg. Der Luxus nahm
so zu, dass ihm durch strenge Gesetze gesteuert werden musste. Die
Hansa verfiel nach der Entdeckung Amerikas. — Traurig war das
Loos der Bauern. Entweder waren sie leibeigene Knechte auf der
Scholle ihrer Gutsherren oder kleine Bodennutznießer, die zahllose
Frohndienste mit Hand und Spanne leisten, Zins, Lehn, Schoss und
Zoll geben mussten. Für ihre Bildung geschah gar nichts.
3. Das Kirchenthum. Der Geist des Christenthums hatte sich
immer inniger mit dem deutschen Wesen vermählt. Die Kirche ward
Hüterin der Sitte, Schützerin der Bedrängten und Pflegerin der Bil¬
dung. Doch Weltliches mischte sich mit Geistlichem. Die Päpste führten
lauge und bittere Kämpfe mit den Kaisern um die Oberherrschaft. In
diesen Kämpfen litt das kirchliche Leben oft durch das Interdikt. Die
Kirchen wurden geschlossen; der Gottesdienst hörte auf; keine Glocke
durfte läuten; kein Ehebund wurde kirchlich eingesegnet; die Todten
trug man ohne Sang und Klang zur Gruft; die Taufen fanden auf
dem Kirchhof statt. — Die Geistlichen wurden durch den Cölibat, die
Ohrenbeichte, die Darbringung des Messopfers und die Befreiung von
der weltlichen Gerichtsbarkeit aus allen übrigen Ständen heraus ge¬
hoben. Das Mönchs- und Nonnenwesen gewann immer mehr an
Verbreitung; nicht besser meinte man Gott zu dienen, als wenn man
ein Kloster begabte oder selbst hinein ging. An allen günstig gelegenen
Punkten entstanden Klöster. Sie übten meist in jenen rohen Zeiten
durch Kultiviruug des Bodens, Unterricht des Volkes, Beschützuug der
Verfolgten, Pflege der Kranken, Studium der Wissenschaften uttb*
Übung der Künste einen heilsamen Einfluss aus. Später schlichen sich
mit dem Reichthum oft Trägheit, Genusssucht, ja Laster in die gott¬
geweihten Räume.
4. Die Kunst blühte unter den Hohenstaufen mächtig auf, be¬
sonders Dicht- und Baukunst. Die Minnesänger sangen von edler
Minne oder Liebe, von den Thaten der Helden, von Wohl und Wehe
des Vaterlandes. Am gewaltigsten und lieblichsten tönten die Lieder
Walter's von der Vogelweide. Wolfram von Eschenbach sang
im „Parzival" den höchsten Glanz des weltlichen Ritterthums und die
tiefste Versenkung in das Heil im Ehristenthume. Gottfried von
Straßburg entwarf in „Tristan und Isolde" ein lockendes Bild des
Lebensgenusses und Hartmann von der Ane im „armen Heinrich"
ein rührendes Gemälde der Selbstverleugnung. Aus Volkssagen und
Volksliedern entstanden unsere großen Heldengedichte „Nibelungenlied
und Gudruu." In den Städten bildete sich später der Meistersang
aus, indem die ehrsamen Handwerksmeister allsonntäglich zusammen