Full text: Geschichtsbilder aus der vaterländischen Geschichte für einfache Schulverhältnisse

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mussten bie überlegene Macht der Krämer fühlen. Die Bürger Augs¬ 
burgs kamen Fürsten an Reichthum und Pracht gleich. Nürnbergs 
Bürger wohnten besser als die Könige Schottlands, und Danzigs 
Bürgermeister erklärte dem Dänenkönige den Krieg. Der Luxus nahm 
so zu, dass ihm durch strenge Gesetze gesteuert werden musste. Die 
Hansa verfiel nach der Entdeckung Amerikas. — Traurig war das 
Loos der Bauern. Entweder waren sie leibeigene Knechte auf der 
Scholle ihrer Gutsherren oder kleine Bodennutznießer, die zahllose 
Frohndienste mit Hand und Spanne leisten, Zins, Lehn, Schoss und 
Zoll geben mussten. Für ihre Bildung geschah gar nichts. 
3. Das Kirchenthum. Der Geist des Christenthums hatte sich 
immer inniger mit dem deutschen Wesen vermählt. Die Kirche ward 
Hüterin der Sitte, Schützerin der Bedrängten und Pflegerin der Bil¬ 
dung. Doch Weltliches mischte sich mit Geistlichem. Die Päpste führten 
lauge und bittere Kämpfe mit den Kaisern um die Oberherrschaft. In 
diesen Kämpfen litt das kirchliche Leben oft durch das Interdikt. Die 
Kirchen wurden geschlossen; der Gottesdienst hörte auf; keine Glocke 
durfte läuten; kein Ehebund wurde kirchlich eingesegnet; die Todten 
trug man ohne Sang und Klang zur Gruft; die Taufen fanden auf 
dem Kirchhof statt. — Die Geistlichen wurden durch den Cölibat, die 
Ohrenbeichte, die Darbringung des Messopfers und die Befreiung von 
der weltlichen Gerichtsbarkeit aus allen übrigen Ständen heraus ge¬ 
hoben. Das Mönchs- und Nonnenwesen gewann immer mehr an 
Verbreitung; nicht besser meinte man Gott zu dienen, als wenn man 
ein Kloster begabte oder selbst hinein ging. An allen günstig gelegenen 
Punkten entstanden Klöster. Sie übten meist in jenen rohen Zeiten 
durch Kultiviruug des Bodens, Unterricht des Volkes, Beschützuug der 
Verfolgten, Pflege der Kranken, Studium der Wissenschaften uttb* 
Übung der Künste einen heilsamen Einfluss aus. Später schlichen sich 
mit dem Reichthum oft Trägheit, Genusssucht, ja Laster in die gott¬ 
geweihten Räume. 
4. Die Kunst blühte unter den Hohenstaufen mächtig auf, be¬ 
sonders Dicht- und Baukunst. Die Minnesänger sangen von edler 
Minne oder Liebe, von den Thaten der Helden, von Wohl und Wehe 
des Vaterlandes. Am gewaltigsten und lieblichsten tönten die Lieder 
Walter's von der Vogelweide. Wolfram von Eschenbach sang 
im „Parzival" den höchsten Glanz des weltlichen Ritterthums und die 
tiefste Versenkung in das Heil im Ehristenthume. Gottfried von 
Straßburg entwarf in „Tristan und Isolde" ein lockendes Bild des 
Lebensgenusses und Hartmann von der Ane im „armen Heinrich" 
ein rührendes Gemälde der Selbstverleugnung. Aus Volkssagen und 
Volksliedern entstanden unsere großen Heldengedichte „Nibelungenlied 
und Gudruu." In den Städten bildete sich später der Meistersang 
aus, indem die ehrsamen Handwerksmeister allsonntäglich zusammen
	        
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