160. Charakter dieser Periode.
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2. P. Ovidius Naso (43 y. Chr. — 17 n. Chr.), Sohn eines
vermöglichen Ritters in Siilmo (jetzt Sulmone) in Umbrien, starb
zu Tomi am Schwarzen Meere in Verbannung. Ovid ist ein sehr
fruchtbarer und formgewandter Dichter, der gröfste Yerskünstler
der Römer, dem, wie er selbst sagt, alles, was er redete, auf den
Lippen zum Yerse wurde. Nach einer umfassenden rhetorischen
Ausbildung sollte sich Ovidius nach dem Willen seines Yaters der
politischen Laufbahn widmen, aber die Neigung machte ihn zum
Dichter: er war Tragiker, Epiker und mehr noch Lyriker.
Erhalten sind: 15 Bücher Metamorphoses, worin Ovid in epischem Verse
von Entstehung der Welt an solche Mythen behandelt, die mit einer Ver¬
wandlung endigen; Fasti, 6 Bücher, ein in elegischem Mafse geschriebener
römischer Festkalender, wichtig für die Kenntnis des römischen Kultes. In
der Verbannung zu Tomi schrieb er Tristia, 5 Bücher, Klagelieder aus der
Verbannung, und epistulae ex Ponto, ebenfalls Klagen an bestimmte Personen
gerichtet. Zu seinen Jugendgedichten gehören die amores, nebst ars amatoria
und rernedia amoris, sowie die epistulae heroidum, erdichtete Briefe von
heroischen Frauen (Briseis, Penelope u. a.). Verloren ist die Tragödie Medea.
Ovidius war eine reichbegabte Dichternatur, aber frivol und ohne Lebensernst,
frühe in die Lüste einer entarteten Gesellschaft verloren.
3. Albius Tibullus (54—19 v. Chr.) von ritterlichem Stande,
ist der gröfste römische Elegiker, ausgezeichnet in der Schilde¬
rung seelischer Stimmungen und Gefühle, welche er anschaulich
zu zeichnen und mit glühenden Farben zu malen versteht. Seine
4 Bücher Elegien (Buch III ist übrigens unecht) zeigen auch
treffliche künstlerische Anordnung.
4. S. Propertius (50—15 v. Chr.) aus Assisium (Assisi) in
Umbrien, dichtete im Geiste Tibulls Elegien, 4 Bücher, voll sinn¬
licher Leidenschaft und Glut. „Elegia Graecos provocamus, cuius
mihi tersus atque elegans maxime videtur auctor Tibullus, sunt
qui Propertium malint“ Quinctil.
c) Dritte oder nachklassische Periode: Das silberne Zeitalter.
(14-180 n. Chr.)
§ 160. Charakter dieser Periode.
Mit dem Tode des Augustus beginnt der Yerfall der Littera-
tur; Augustus hatte die litterarische Bildung hoch geschätzt, die
wilde Despotie der nachfolgenden Kaiser hielt dagegen das Schaffen
geistiger Kräfte nieder; mit dem Yerluste der Freiheit ging das
freudige Arbeiten unter und hauptsächlich mufsten die Redner,
Historiker und Dichter in Sorge sein, durch irgend ein unvor-