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Die Zeit der germanischen Völkerschaften und Reiche.
Denn nachdem es dem Germaniens gelungen war, mit 90,000
Mann auf dem Drususcanal in die Mündung der Ems einzu¬
fahren und mit Hülfe bezwungener deutscher Völkerschaften
zwischen den Mündungsgebieten der Weser und Ems, bei Jdi-
stavisus, ein großes Heer unter Arminius aufs Haupt zu
Ichlagen, reizte er durch diesen Erfolg den Zorn und Kriegsmuth
der Besiegten zu einer zweiten blutigen Schlacht zwischen der
Weser und dem Steinhuder Meer, in welcher die Römer so große
Verluste erlitten, daß sie zurückzogen; ihre Flotte aber wurde bei
der Ausfahrt aus der Emsmündung von den Stürmen der Nordsee
gefaßt, und viele ihrer Schiffe wurden zertrümmert. Es war das
der letzte Zug des Germanicus,- von seinem Oheim, dem Kaiser
Tlberius, nach Asien geschickt, starb er an Gift.
§ l4- So war durch Eintracht und vereinigten Widerstand
die Herrschaft der Römer im inneren Deutschland zu Schanden
gemacht; aber Zwiespalt und Uneinigkeit unter den Deut¬
schen schienen nun ihrer Wiederherstellung Vorschub leisten zu
wollen. Unter den germanischen Jünglingen, die mit römischer
Staats- und Kriegskunst vertraut waren, befand sich Marbod
aus dem Volke der Markomanen. Er hatte dieselben aus den
Neckar- und Maingegenden vor den andrängenden Römern nach
Böhmen geführt und von hier aus die Hermunduren, Lango¬
barden und Semnonen unterworfen. Das so begründete große
Reich regierte er garrz nach römischem Vorbild und vergaß seiner
deutschen Abkunst io sehr, daß er die Theilnahme an dem Be¬
freiungskampf im Teuioburger Walde verweigerte. Armin warf
ihm deshalb Verrath am Vatcrlande vor, und kaum war dieses
befreit, io wandte er seine Waffen gegen das Markomannische
Reich, von dem die Langobarden und Semnonen sich bereits
wieder gelöst hatten. In einer blutigen Schlacht wurde Marbod
besiegt. Den Rest seines Lebens fristete er durch Wohlthaten Der
Römer in Ravenna. Arminius aber, „ohne Widerrede der
21 n. Chr. Befreier Germaniens", wurde das Opfer einer Ver¬
schwörung , an der feine eigenen Verwandten beiheiligt waren.
37 jalire alt, wurde er im I. 2 l n. Chr. ermordet, angeblich
weil er nach der Königsherrfchaft gestrebt habe. Mit ihm sank