Contents: Heimatskunde der Provinz Westfalen

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Leute zu der rechten Lehre zu bringen." — „Hättest ihn totschießen 
sollen!" unterbrach ihn der finstere Albion. „Nein," erwiderte 
Berthulf, „so Schlimmes kam mir nicht in den Sinn; aber das 
muß ich mit Schmerzen bekennen: ich gab unvernünftiger Weise 
dem frommen Manne Schuld daran, daß mir den ganzen Tag noch 
kein Wild vor den Schuß gekommen war. „Hegenmeister," sagte ich, 
spannte die Armbrust und hielt sie auf seinen rechten Arm, „Hab' 
ich heute noch nichts geschossen, so will ich doch dich schießen, und 
du sollst deine Zauberzeichen ein wenig unbehülslicher machen als 
bisher." Damit schwirrte die Sehne, und der Pfeil saß unter dem 
Ellbogen fest. Der Priester zuckte schmerzhaft zusammen uud hielt 
sich die verwundete Stelle, aus der viel Blut floß; zugleich aber sah 
er mich freundlich an und sagte: „Mein Sohn, da unten im Felsen- 
grnnd steht ein schöner Hirsch. Wenn du heute ungünstige Jagd 
gehalten hast, hilft dir der wohl wieder zu deinem Schaden." Ich, 
in der Meinung, er wolle mich mit einem Zauberblendwerk zum 
besten haben, eile dahin, ihm zu zeigen, daß sich ein Sachse nie-- 
mals fürchtet. Aber der Hirsch steht wirklich da; ich erlege ihn, 
und als ich mit der Beute zurückkomme, finde ich den Priester 
blutend in das Gras gesunken. Doch freundlich mich anlächelnd, 
spricht er: „Siehst du, mein Sohn? Nun hast du ja doch einen 
guten Fang gethan; das freut mich sehr." Diese Worte brachen 
mir das Herz, ich fühlte mein Unrecht, trug den frommen Mann in 
meine Hütte, heilte ihm den Arm, und er mir die Seele, und als 
ich einige Jahre darauf meine Frau heiratete, half ich ihr auf den 
rechten Weg. Die Kinder haben wir natürlich in der Furcht und 
Liebe unseres treuen Heilandes auferzogen. Nun richtet über mich! 
Ich aber bitte Gott, daß er euch auch zu seiner Gnade helfe durch 
Jefum Christum." — Widnkind, der nachdenklich zugehört hatte, 
stand jetzt aus, reichte der Hausfrau und den beiden Kindern die 
Hand und sprach: „Lebet in Frieden!" Zu Berthulf aber wendete 
er sich mit den Worten: „An deinem Glauben muß etwas Wahres 
sein, aber wir haben keine Zeit, darüber nachzusinnen. Wir eilen 
nach meiner Burg Babilouie, des Rastens ist genug, führe uns 
durch den Wald auf Wegen, die kein Franke weiß!" Berthulf sprach:
	        
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