Napoleon gegen Schwarzenberg. 107
genugsam mit den verbündeten Herren versucht;
nun wollte er es rn anderer Weise angreifen. Rasch
vorbeifahrend an Schwarzenberg wollte er sich in
dessen Rücken werfen; der werde, so hoffte er, sich
eilig zurückzlehen um seinen Rücken frei zu hal¬
ten, und dann sollte er in die Hinterhalte fallen,
die er ihm in Lothringen und Elsaß mit Hülfe
der Feftungsbesabungen und der Einwohner legen
wollte. Solchen Entwurf hatte er schon lange vor¬
bereitet; die Befehlshaber in den Festungen chat¬
ten zumTheil schon Nachricht davon erhalten durch
heimliche Botschafter, die sich durchgeschlichen und
die wichtigsten Schreiben in ihren Stöken oder
Schirmen, oder im Halsbande ihrer Hunde ver¬
borgen hatten. Bei den Einwohnern des Landes
fanden seine zornigen Anschläge auch den besten
Eingang; sie waren schon beinahe überall im Aus¬
lände begriffen, lagen in Wäldern, Hohlwegen
und Schlupfwinkeln versteckt, erschlugen die Ein¬
zelnen, griffen selbst kleine Haufen an, und die
Eilboten der verbündeten Heere konnten nicht mehr
durchkommen. Die Zufuhr stockte; schon fingPul«
ver und Blei zu mangeln an; wenn zu den auf¬
rührerischen Bauern noch geübte Soldaten kamen,
so mogten sich die Verbündeten nur vor einem
Rückzüge hüten.
Napoleon war von der Trefflichkeit seiner Ent¬
würfe so fest überzeugt, und so sehr hatte der
thörigte Stolz seine Augen verblendet, daß er,
der selbst am Rande de- Abgrunds schwebte, die
andern schon für verloren hielt und in dke Worte
ausbrach: „Man hat vom Frieden geredet; aber
ich unterhandle nicht mit Gefangenen!" — Daß
er seine Hauptstadt unbedeckt da liegen ließ, küm¬
merte ihn wenig, denn nicht in ihr sah er den
Mittelpunkt seine- Reiches, sondern nur, wo er
selbst war, erblickte er den Mittelpunkt Frankreichs
wie der ganzen Welt.