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sie verweigerten so lange die Huldigung, bis er alle ihre Privilegien
bestätigt hätte. In Königsberg kam es sogar zu einer Empörung.
Aber der Kurfürst ließ den Bürgermeister Rhode ergreifen und auf die
Festung Peitz bringen, wo er nach sechzehnjähriger Gefangenschaft starb;
den Oberst von Kalkstein, der nach Warschau gegangen war, um die
Hülfe der Polen gegen ihn anzurufen, ließ er dort ergreifen und in
Memel hinrichten. So große Unzufriedenheit das bei den Preußen
auch erregte, der Kurfürst setzte seinen Willen bei ihnen durch, über¬
zeugt, daß solche Maßregeln zum Wohle des Ganzen nöthig seien.
So gründete er den brandenburgischen Staat.
t Die Schlacht öei Jehröellin. Unter allen Staaten Europas
war damals Frankreich der mächtigste. An der Spitze des¬
selben stand Ludwig XIV., ein ehrgeiziger und eroberungssüchtiger
König, der um seines Ruhmes und seines Landes Vergrößerung
willen vier blutige Kriege führte. Zuerst griff er die Spanier an,
und als ihnen die Holländer so wirksam zu Hülfe kamen, daß er
Frieden schließen mußte, war sein Zorn gegen diese so groß, daß er
plötzlich mit überlegener Macht in ihr Land einfiel. Das kleine Volk
der Holländer war ihm im Felde nicht gewachsen; es gerieth daher in
große Noth, schaute sich aber lange vergebens nach Hülfe um. Da er¬
schien Friedrich Wilhelm mit einem Heere; denn er hatte richtig
erkannt, daß die Uebermacht Frankreichs auch Deutschland bedrohe.
Zwar mußte er sich, weil er vom Kaiser nicht unterstützt wurde, zu
einem Frieden verstehen. Als aber die Fortschritte der Franzosen das
deutsche Reich immer mehr bedroheten, und der Kaiser ihnen deßhalb
den Krieg erklärte, erschien auch Friedrich Wilhelm mit 20000 Mann,
um sich mit den Feinden Frankreichs zu vereinen. Er lagerte in
den Maingegenden; da aber gelangte die Nachricht zu ihm, daß die
Schweden in die Mark Brandenburg eingefallen seien. Ludwig XIV.
hatte nämlich, um den Kurfürsten, seinen gefährlichsten Feind, vom
Kriegsschauplätze zu entfernen, diese seine Verbündeten dazu bewogen.
Die schwachen Truppenabtheilungen, welche in der Mark standen,
waren ihnen nicht gewachsen. Zwar bewaffneten sich die über die
Bedrückungen erzürnten Bauern und schaarten sich unter Fahnen
zusammen, welche die Inschrift trugen: „Wir sind Bauern von ge¬
ringem Gut und dienen unserm Kurfürsten und Herrn mit unserm
Blut!" Allein was vermochten sie gegen die schwedischen Heeres-