Full text: Kurs. I. u. II. für die Oberklassen gehobener Volksschulen und für die Unter- und Mittelstufe des Geschichtsunterrichts in Bürgerschulen (Bändchen 1)

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Konradin, dessen Freund Friedrich von Baden nebst mehreren anderen Gefangenen 
auf dem Markte von Neapel hinrichten. 
§ 19. Zustände in Deutschland zur Zeit des Interregnums. 
* Als das Haus der Hohenstaufen ausgestorbeu war, wollte fern deutscher 
Fürst die Reichsregierung übernehmen. Einige Fürsten übertrugen die Kaiserkrone 
dem englischen Grafen Richard von Cornwallis, andere dem Könige Alsous von 
Kastilien. Beide kümmerten sich nicht um Deutschland. Die Zeit von 1256—1273, 
da das Reich eigentlich ohne Kaiser war, nennt man das Interregnum, d. h. 
Zwischenreich. 
Traurige Zustände herrschten nun in Deutschland. Die Fürsten hatten schon 
unter den letzten hohenstausischen Kaisern, da diese fast nur in Italien beschäftigt 
waren, viele Hoheitsrechte, als z. B. Heerbann, Gerichtsbarkeit, Prägung von Münzen, 
an sich gebracht; in der kaiserlosen Zeit regierten sie in ihren Ländern unumschränkt. 
Ritter und Grasen machten sich unabhängig vou ihren Lehnsherren. Fortwährende 
Fehden zwischen den Fürsten und Grasen beunruhigten das Land und zerstörten den 
Wohlstand der Bürger und Bauern. Viele Ritter lebten vorn Raube; sie überfielen 
wohlhabende Reisende und die Kaufleute, welche mit Waren bei ihren festen Burgen 
vorüberzogen. Bei solchen Ueberfüllen fanden oft Mutige Kämpfe statt; die Raub¬ 
ritter schleppten die reichen Gefangenen nach ihrer Burg und sperrten sie in das 
Burgverließ, bis es diesen gelang, durch eiu Lösegeld frei zu werden. Die Schwachen 
uud Wehrlosen mußten sich der rohen Gewalt fügen; Gesetz und Ordnung hatten 
aufgehört; es galt nur das Faustrecht. Niemand konnte sich seines Besitzes erfreuen. 
Den einzigen Schutz gegen die Frevler gewährten die Femgerichte, welche feit dem 
12. Jahrhunderte an einzelnen Orten 
bestanden und ihren Hauptsitz in 
Westfalen hatten. Diese Gerichte, 
deren Mitglieder Wissende hießen, 
hielten ihre Sitzungen im geheimen 
an abgelegenen Orten und des 
Nachts. Wer von diesem Gerichte 
verurteilt wurde, konnte seiner Strafe 
nicht entgehen, da die Wissenden 
über das ganze Reich verbreitet 
waren. 
Gegen die Überfalle der Raub¬ 
ritter hatten sich um die Mitte des 
13. Jahrhunderts mehrere große 
Handelsstädte vereinigt und zu ihrem 
Schutze einen Bund, die Hansa genannt, geschlossen. Sie unterhielten eine bewaffnete 
Mannschaft, welche ihre Warenzüge auf Flüssen und Landstraßen begleiten mußte. 
Dem Hansabunde, den Lübeck und Hamburg ins Leben gerufen hatten, traten bald 
die meisten größeren Städte Deutschlands bei; auch außerdeutsche Staaten schlossen sich 
ihm an; es entstanden in London, Bergen (in Norwegen), Nowgorod und an anderen 
Orten Stapelplätze zur Niederlegung der Waren der Hansestädte. Mit der Zeit wurde 
der Hansabund so mächtig, daß er zum Schutze der Städte und zur Wahrung ihrer 
Rechte sogar siegreiche Kriege gegen die Könige von Norwegen uud Dänemark ' 
führte. 
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