Full text: Die alte Zeit (Abt. 1)

Die Griechen. 49 
erklärte, meinte er, nur um das wenige vielleicht sei er weiser 
als andere, daß er das, was er nicht wisse, sich auch nicht 
einbilde zu wissen. 
Ungerechte Anklage. 
So wandelte Sokrates unter seinen Mitbürgern bis 
ins Greisenalter, in seinem Leben ein spiegelhelles Muster 
der Tugenden, die er predigte. Allmählich aber wurde 
manchem der ernste Mahner unbequem, dessen Wort und 
Wandel alle Leichtfertigen beschämte. Dazu kam der leiden¬ 
schaftliche Haß politischer Gegner. Sokrates ward unglaub¬ 
licherweise angeklagt, daß er die Jugend verführe und die 
Götter verachte. Statt feine Richter anzuflehen, verteidigte 
er sich im Gefühl seiner Unschuld mit stolzer Würde. Da¬ 
durch noch mehr gereizt, verdammten sie ihn zum Tode. 
Mit ungetrübter Ruhe vernahm der Weise das Urteil. Jedes 
Mittel, die Strafe zu mildern oder sich ihr durch die Flucht 
zu entziehen, wies er als feige zurück. 
Schönes Ende 399. 
In heiterm Gespräch mit seinen Freunden, noch zuletzt 
über die Unsterblichkeit der Seele, ging der Siebenzigjährige 
dem Tod entgegen. Als seine Stunde kam, sprach er: 
„Wir wollen beten, daß der Uebergang zu den Göttern 
glücklich von statten gehe." Dann trank er ruhig das Gift 
und legte sich, das Antlitz verhüllend, zum Sterben nieder. 
Seinen Freunden befahl er noch ausdrücklich, dem Asklepins, 
dem Gott der Heilkunde, einen Hahn zu opfern; denn der 
Tod erschien ihm als eine Heilung von vielen Uebeln und 
als ein Genesen zur Unsterblichkeit. 
Reue des Volkes. 
Bald erkannte das athenische Volk, wie schwer -es an 
Sokrates gesündigt. In schmerzlicher Reue tötete es den 
einen seiner Ankläger, die andern schickte es in die Ver¬ 
bannung. Dem edeln Märtyrer aber setzte es zur Sühne 
des begangenen Unrechts eine Bildsäule. 
Ergänzungen: Nach der Schlacht bei Delium rettet Sokrates den 
hilflosen Xenophon auf seinem Rücken. — Xanthippe. -— Der 
Orakelspruch: „Weise ist Sophokles, weiser ist Euripides, doch der 
weiseste ist Sokrates." — Xcrtophon: „Sokrates war so fromm, daß 
er nichts ohne den Rat der Götter that, so gerecht, daß er nie 
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