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Kulturzustand der Hunnen. Attila.
eiserne sind. Im Handgemenge kämpfen sie mit einem Schwert, das sie in der einen Hand
halten, und einem Strang, den sie in der andern führen und womit sie ihren Feind, wäh¬
rend er ihre Hiebe zu parieren sucht, umwickeln. Die Hunnen sind treulos, unstüt wie der
Wind, ganz von dem Ungestüm des Augenblicks fortgerissen. Sowenig wie die Tiere wissen
sie, wav ehrbar oder anständig ist. Ihre Sprache ist undeutlich, verworren und voll bild¬
licher Ausdrücke. Religion haben sie keine oder üben wenigstens keinen Kultus aus; ihre
vorherrschende Leidenschaft ist Gold. Anstatt des öffentlichen Gottesdienstes geben sie sich
ganz dem Aberglauben, der Zauberei und Wahrsagerei hin." Also war das Volk beschaffen
welches sich über Europa ergoß und die damalige Welt in Schrecken und Verwirrung setzte'
Und wie das Volk, so war sein König Attila, „die Gottes-Geißel".
Die Geschichte hat uns ein Bild von Attila hinterlassen, nach welchem man sich diesen
gewaltigen Barbaren vorstellen kann. Untersetzt von Gestalt, hatte er eine breite Brust,
einen starken Kops, kleine tiefliegende Augen, einen spärlichen Bart, eingedrückte Nase und
schwärzliche Hautfarbe. Sein von Natur emporgereckter Hals und seine immer unruhig oder-
neugierig nmherspäheuden Blicke gaben feiner Haltung etwas Stolzes und Gebieterisches.
„Das war" — sagt Jornandes — „der Mann, dazu geboren, die Völker in Schrecken zu
setzen und die Erde zu erschüttern." Wurde er durch irgend etwas in Zorn versetzt, so zog
sich sein Gesicht zusammen und seine Augen sprühten Flammen; die Entschlossensten' wagten
nicht, den Ausbrüchen seines Zornes die Stirne zu bieten. Er drohte nur in furchtbaren
Ausdrücken; wenn er zerstörte, so geschah es mehr, um zu vernichten, als um zu rauben;
wenn er tötete, tat er es, um Tausende von Leichnamen nnbeerdigt angesichts der Lebenden
zurückzulassen. Anderseits zeigte er sich mild gegen die, welche sich zu unterwerfen ver¬
standen, den Bitten zugänglich, großmütig gegen seine Diener und seinen Untertanen gegen¬
über als unbestechlichen Richter. Seine Kleidung war einfach, aber von großer Sauberkeit,
seine Nahrung bestand in Fleisch ohne Gewürz, das man ihm in hölzernen Schüsseln auf¬
trug; kurz seine prunklose Haltung, seine mäßige Lebensweise stachen gewaltig gegen den
Su£u£> ab, den er um sich zu entfalten liebte. Neben dem Jähzorn eines Kalmücken befaß
er auch deren tierische Leidenschaften; er betrank sich und buhlte mit Frauen. Obschon er
nach dem Ausdrucke des Jornandes bereits „unzählige Frauen" hatte, so nahm er doch täg-
lich neue und „seine Kinder bildeten fast ein Volk". Er bekannte sich zu keinem religiösen
Glauben und übte feinen Kult; nur befragte er Zauberer, welche immer bei ihm waren, in
wichtigen Umständen um die Zukunft.
Wieset Mann, dessen Leben in Schlachten verlies, ging selten den ©einigen mit tapferem
Beispiele voran; aber sein Kopf lenkte die Schlachten. In allen feinen Leidenschaften Aficite,
siellte er den Krieg hinter die Politik; denn den Berechnungen der Schlauheit und Hinterlist
gab er den Vorrang und schätzte sie höher als die Gewalttätigkeit. Ausflüchte schaffen, zur
rechten Zeit Unterhandlungen anknüpfen und die einen mit den andern verwickeln, wie die
Maschen eines Netzes, in welchen sich der Feind endlich verfangen mußte, den Gegner un¬
ablässig durch Schreckschüsse in Atem erhalten und namentlich abwarten, das war seine größte
Kunst. Ein sonderbares Schauspiel boten die zahllosen Gesandtschaften, mit denen er den Hof
von Byzanz ermüdete und die er den Günstlingen, welche er bereichern wollte, übertrug. Da
er die Schliche dieses verdorbenen und verführerischen Hofes kannte, der durch Geschenke die
Willfährigkeit der barbarischen Unterhändler erkaufen zu können glaubte, schickte er seine
Diener dahin, die auf Kosten des Kaiserreiches ihr Glück machten und mit denen er natür¬
lich später abrechnete. Er trieb die Unverschämtheit so weit, sie der kaiserlichen Freigebigkeit
anzuempfehlen, und eine solche Empfehlung war Befehl. Einer seiner Sekretäre hatte den