Full text: Charakterbilder aus der Geschichte der christlichen Reiche (Band 2)

Konradin enthauptet. 
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Linken erhebt der Vesuv sein rauchendes Haupt und rechts begrenzen die blaue stille Flüche 
die schroffen zackigen Felsen der Insel Capri, wo einst Tiberius, ein würdiges Muster Karls 
von Anjou, hauste. 
Am 29. Oktober 1268 wurden die Verurteilten zum Richtplatze geführt, wo schon der 
Henker mit bloßen Füßen und aufgestreiften Ärmeln ihrer wartete. Nachdem König Karl in 
dem Fenster einer benachbarten Burg einen Ehrenplatz eingenommen hatte, verlas Robert von 
Bari, der das ungerechte Urteil gesprochen, den grausamen Beschluß: „Versammelte Männer! 
Dieser Konradin, Konrads Sohn, ist aus Deutschland gekommen, um als ein Verführer 
seines Volkes fremde Saaten zu ernten und mit Unrecht rechtmäßige Herrscher anzugreifen. 
Anfangs siegte er durch Zufall; dann aber wurde durch des Königs Tüchtigkeit der Sieger 
zum Besiegten; er, der sich durch kein Gesetz für gebunden hielt, wird jetzt gebunden vor das 
Gericht des Königs geführt, welches er zu vernichten trachtete. Deshalb wird mit Erlaubnis 
der Geistlichen und nach dem Rate der Weisen und Gesetzeskundigen über ihn und seine 
Mitschuldigen als Räuber, Empörer, Aufwiegler, Verräter das Todesurteil gesprochen und, 
damit feine weitere Gefahr entstehe, auch sogleich vor aller Augen vollzogen." 
Als die Anwesenden das Urteil horten, entstand ein dumpfes Gemurmel, welches die 
lebhafte Bewegung der Gemüter bekundete; aber alle beherrschte die Furcht; nur Graf 
Robert von Flandern, des Königs eigener Schwiegersohn, ein ebenso schöner wie edler 
Mann, konnte seinen gerechten Zorn nicht mehr zurückhalten; er sprang auf, fuhr Robert 
von Bari an: „Wie darfst du, frecher, ungerechter Schurke, einen so großen und herrlichen 
Ritter zum Tode verurteilen?" zog das Schwert und stieß es ihm in die Brnst, daß er für 
tot hinweggetragen wurde. Der König verbiß seinen Zorn, als er sah, daß die französischen 
Ritter die Tat des Grafen billigten; das Urteil aber blieb itngeändert. Konradin bat, man 
möge ihm noch ein Wort gestatten, und sprach gefaßt: „Vor Gott habe ich als Sünder den 
Tod verdient, hier aber werde ich ungerecht verurteilt. Ich frage alle die Getreuen, für 
welche meine Vorfahren hier väterlich sorgten, ich frage alle Häupter und Fürsten dieser 
Erde, ob der des Todes schuldig ist, welcher seine und seiner Völker Rechte verteidigt. Und 
wenn ich auch schuldig wäre, wie darf man die Unschuldigen grausam strafen, welche, keinem 
andern verpflichtet, in löblicher Treue mir anhingen?" Viele weinten, aber nichts geschah 
zur Rettung. 
Konradin umarmte seinen Jugendfreund Friedrich von Baden, zog dann sein Ober- 
kleid aus und flehte, Arme und Hände gegen Himmel hebend: „Jesus Christus, Herr aller 
Geschöpfe, König der Ehren! Wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen soll, so befehle 
ich meinen Geist in deine Hände." Dann kniete er nieder; noch einmal dachte er an seine 
Mutter und rief schmerzlich aus: „O Mutter, welches Leid bereite ich dir!" Das Schwert 
blitzte und das Haus der Staufer hatte geendet. Als Friedrich von Baden das Haupt 
Konradins fallen sah, schrie er in überwältigendem Schmerze laut auf; die Umstehenden 
fingen an zu schluchzen. Aber auch sein Haupt fiel; nach ihm empfangen noch mehrere den 
odesstreich. Die Leichen Konradins und Friedrichs wurden auf Karls Befehl am Meeres- 
ufer eingescharrt und mit einem Steinhaufen bezeichnet, 1273 aber in der von seiner Mutter 
erbauten Kirche Santa Maria del Carmine beigesetzt. 
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