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184. August Hermann Francke.
aernhard Rogge.*
Deutseh-evangelische Oharakterbilder. Leipzig. 1894. 8. 200.
1. August Hermann Francke wurde am 22. März 1663 zu
Lübeck geboren. Im Jahre 1666 kam er mit seinen Eltern nach
Gotha, wohin sein Vater von Herzog Ernst dem Frommen als
Hof⸗ und Justizrat berufen worden war. Von frühester Kindheit
an zeigte der Knabe einen frommen, ernsten Sinn und machte auf
dem Ghmnasium so rasche Fortschritte, daß er bereits im vierzehnten
Jahre reif für die akademischen Studien erklärt wurde. Aber erst
zwei Jahre später bezog er die Universität zu Erfurt und später
die zu Kiel, um Theologie zu studieren. In Hamburg erlernte
bei einem dort lebenden Gelehrten aufs gründlichste die hebräische
Sprache. Im Jahre 1685 begann er an der Universität Leipzig
oͤfsentliche Vorlesungen über diese Sprache zu halten, die vom
glücklichften Erfolge begleitet waren. Um 1689 trat er in nähere
Jersönliche Beziehung zu dem Oberhofprediger Philipp Spener in
Dresden. Im Juni 1690 bewarb sich Francke um die Stelle des
Diakonus an der Augustinerkirche zu Erfurt. Sie ward ihm
gewährt, aber schon nach kurzer Zeit mußte er seinen Neidern
weichen und ward seines Amtes entsetzt. Was er damals für ein
großes Unglück hielt, sollte aber für ihn und für Tausende zum
Zeichen Segen werden. Im Januar 1692 wurde er auf Veranlassung
Speners, der inzwischen Konsistorialrat und Propst zu St. Nikolai
in Berlin geworden war, als Professor der orientalischen Sprachen
an die neugegründete Universität zu Halle berufen und ihm zu
gleicher Zeit das Pfarramt an der Georgenkirche zu Glaucha. einer
Vorstadt von Halle, übertragen.
2. Hier fand er die Stätte einer reich gesegneten Wirksamkeit.
Als Ünidersitätslehrer führte er die zukünftigen Geistlichen zum
gründlichen Verständnis der Heiligen Schrift. Äls Geistlicher wirkte
or ebenso durch seine Predigten, wie durch seine unermüdliche Treue
in der Seelsorge. Mit ganz besonderer Liebe nahm er sich der
heranwachsenden Jugend, namentlich der armen Kinder an. Aus
dieser Fürsorge für die Armen sind die großartigen „Franckeschen
Stiftungen“ hervorgegangen, die im Anschluß an das von ihm
gegründete Waisenhaus allmählich entstanden, und in denen er sich
ein bleibendes Denkmal errichtet hat.
3. Aus den unscheinbarsten Anfängen ist diese Anstalt heraus⸗
gewachsen. Da Francke wahrgenommen hatte, wie vernachlässigt
Zer Unterricht der Kinder der Armen seiner vorstädtischen Gemeinde