Full text: Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker (Band 3)

106 Vergeblicher Versuch der Calviner. Der Prediger Leger in Konstaniinopel. Ende des Cyrillus Lukaris. 
erstrebte, seine Hoffnung auf den Orient setzte, wo ihm der Patriarch von Alexandrien, 
Meletius Pega, mit gleicher Gesinnung entgegenkam. Meletius machte Cyrillus zu seinem 
Exarchen in Polen, wo eben die Vereinigung der Ruthenen mit der katholischen Kirche im 
vollen Gange war. Sie wurde auf der Synode zu Brecze durchgeführt (1595) und Cyrill, 
der sie zu hindern bestrebt gewesen war, mußte Polen verlassen. Da gerade Meletius starb,' 
so wurde er dessen Nachfolger und fand an dem eifrigen Calviner Cornelius von Hagen, 
dem holländischen Gesandten in Konstantinopel, einen kräftigen Protektor in seinen Ver¬ 
einigungsbestrebungen. Auch die Botschafter Englands uud Schwedens unterstützten ihn. 
Bald trat Cyrill mit dem Erzbischof Georg Abbot von Canterbury in Verbindung. Ein 
junger Grieche, Metrophanes Kritopulos, wurde nach Oxford geschickt, Theologie zu studieren. 
Obgleich er auch die berühmten protestantischen Hochschulen zu Helmstedt, Altdorf, Witten¬ 
berg, Straßburg und Tübingen besuchte, hielt er doch am griechischen Dogma fest, wie eine 
von ihm zu Helmstedt im Jahre 1625 herausgegebene Konfession des Glaubens beweist. 
Später unterzeichnete Metrophanes als Patriarch von Alexandrien das Absetzungsurteil Cyrills, 
der vorzüglich mit dem holländischen Staatsmann David Le Leu de Wilhelm sein kirchliches 
Vereinigungswerk betrieben hatte und den Patriarchenstuhl von Konstantinopel zu erlangen 
bemüht gewesen war. Als er sein Ziel nicht erreicht und die Bischöfe ihn aus ihrer Synode 
verwiesen hatten, zog er sich einige Zeit in ein Kloster auf dem Berg Athos zurück, von wo 
er sich dann in die Walachei und später wieder nach Ägypten begab. Endlich wurde er im 
Jahre 1621 auf den Patriarchenstuhl von Konstantinopel erhoben. Als er jedoch seine 
ealvinisierenden Ansichten kundgab, wurde er auf einer Synode seiner Würde entsetzt und 
von der Pforte auf die Insel Rhodns verwiesen. Aber die Botschafter von England und 
Holland erkauften mit schwerem Gelde die Erlaubnis feiner Rückkehr und nun bewog er 
durch das Versprechen von 4000 Goldstücken den erwählten Patriarchen Anthimus, seine 
Ansprüche auf den Patriarchenstuhl aufzugeben. 
Damit schwand für Rom alle Aussicht auf die erstrebte Union mit den Griechen und 
Cyrill betrieb jetzt eifrig seine Verhandlung mit den Calvinisten. Diese gründeten eine Buch¬ 
druckerei in Konstantinopel, welche aber nur unter englischem Schutze bestehen konnte. Vor¬ 
züglich richtete Cyrill seinen Zorn gegen die Jesuiten, welche unter dem Vorwande, daß sie 
Frauen in der katholischen Lehre unterrichten sollten, in die Hände der Janitscharen geliefert 
wurden; diese nahmen ihnen alles weg, selbst ihre Bücher, packten sie aus Schiffe und setzten 
sie an den Küsten von Italien wieder aus. 
Ilm Cyrill zu unterstützen, sandten die Genfer im Jahre 1628 den reformierten Prediger 
Anton Leger nach Konstaniinopel, der acht Jahre mit großem Eifer, aber wenig Erfolg 
durch Predigten und '4,raftätlein an der Calvinifieruug der Griechen arbeitete. Doch die 
confessio fidei, welche von Cyrill 1629 den Genfern übermittelt wurde und die reformierte 
Lehre enthielt, zog ihm eine neue Verfolgung zu; er mußte in die Verbannung nach Tenedos 
gehen. Dennoch setzte er sowohl hier als später in Chios und Rhodus seine Unterhandlungen 
mit den Calvinisten fort. Das Gold feiner Freunde bahnte ihm sogar nach zwei Jahren 
wieder den Weg zurück auf den Patriarchenftuhl. Als Leger in seine Heimat zurückkehrte, 
gab er ihm ein Schreiben mit, in welchem er den „allerheiligften" Calvin selig spricht und 
feinen reformierten Freunden versichert, daß er ihre orthodoxe Lehre annehme und die römi¬ 
schen Dogmen verabscheue. 
Doch schon im folgenden Jahre sollte es mit ihm ein trauriges Ende nehmen, 
öeine Neuerungen nämlich hatten einen großen Teil des Klerus erbittert und mit Haß gegen 
den Mann erfüllt, der feine Privatmeinung fälschlich als Kirchenlehre ausgab und die grie-
	        
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