Full text: Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker (Band 3)

Seine Ruhe. Don Carlos. 
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die zu diesem führen sollen. Wie verschiedenartige Wege schlägt er allein in der flandrischen 
Sache ein! Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, er habe nichts zu versuchen gewußt als 
Gewalt. Allerdings ließ er das schroffe Vorgehen Albas zu, doch nur um des Erfolges 
willen, den er davon erwartete. Als dieser sich nicht ergab, wählte er Requesens ausdrück¬ 
lich deshalb, weil derselbe gemäßigter und geneigt war, mildere Mittel anzuwenden. Er 
schickte Don Juan d'Austria, der den Niederländern angenehm war, weil er ihr Landsmann 
schien, mit dem bestimmten Auf¬ 
träge, Frieden zu schließen. Da 
auch dies mißglückte, kehrte er zur 
Gewalt zurück. Hierin ist er mit 
seinem Urgroßvater Maximilian zu 
vergleichen, der, um zu seinem 
Zwecke zu kommen, immer neue 
Mittel ergriff, nur daß Maximi¬ 
lian bald im Beginn abbrach, Phi¬ 
lipp seine Sache bis zum Äußersten 
verfolgte, Maximilian immer auf¬ 
geregt erschien, Philipp gewöhnlich 
in seiner Nnhe verharrte. Es kam 
keine Nachricht aus Flandern so 
gut oder so schlecht, daß sie seine 
Mienen zu verändern vermocht 
hätte. Bei der ersten Kunde von 
dem größten Siege, den die Chri¬ 
stenheit seit 300 Jahren erfochten 
hatte, von dem Siege bei Lepanto, 
blieb er während der Vesper un¬ 
beweglich und ließ erst nach dem 
Gottesdienste ein Te Deum an¬ 
stimmen. Bei dem größten Unfall, 
den er erlitt, bei dem Untergange 
jener Flotte, an der er die Kräfte 
Spaniens erschöpft, an die er die 
größten Hoffnungen geknüpft, die 
er für unüberwindlich gehalten, 
sprach er: „Ich habe sie wider 
Menschen und nicht wider die 
Wellen gesendet," und blieb ruhig. 
Das einzige, was man an ihm 
bemerkte, wenn chm etwas ganz wider Erwarten kam oder wenn ihn irgend etwas auf- 
brachte^ war, daß er mit der Hand nach seinem Barte griff. 
In entschiedenem Gegensatz zu ihm stand sein Sohn Don Carlos; er war voll 
brennender Liebe zu den Waffen, von einer Heftigkeit, die es nicht der Mühe wert hielt, 
Ehrgeiz Grausamkeit oder eine andere Leidenschaft zu verbergen. Seine Beziehungen zum 
Vater sind übrigens in vielfacher Weise verzerrt uud entstellt worden. Don Carlos hinkte, 
1 ammelte, war schief gewachsen, klein, blaß, schwächlich und stand im Verdacht unmännlichen 
Heinrich IV. 
Reproduktion eines Kohledrucks von Ad. Braun, 
Clement & Co., Dornach.
	        
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