Ehrenrettung Ferdinands II.
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der deutsche Zweig des Hauses Habsburg somit in den Besitz der westlichen Erblande wieder
eingesetzt, die Revolution, wertn auch nicht vollständig bezwungen, doch mit Gewalt zu Boden
geworfen.
Die Käupter im dreißigjährigen Kriege.
So groß die Anzahl der Feldherren und Staatsmänner ist, welche in dem langen Kriege
mitgewirkt und sich einen Namen gemacht haben, sind es gleichwohl nur vier Männer, durch
deren Willen und Charakter die Ereignisse bestimmt wurden und welche auf dereu Gang
und auf deu Geist ihres Zeitalters mächtig und selbständig eingewirkt haben, Ferdinand II.,
Wallenstein, Gustav Adolf und Richelieu. Alle auderu Helden des dreißigjährigen Krieges
waren entweder nur Werkzeuge und Gehilfen der Genannten oder solche, die gegen das Ende
des Krieges die Erfolge desselben benützten. Von Kaiser Ferdinand braucht nur der falsche
Schein hinweggenommen zu werden, so zeigt sich die wunderbare Seelenstürke dieses Charakters
von selbst in ihrem wahren Licht. Ferdinand II. hat den österreichischen Staat unleugbar
für seine Glaubensgenossen gerettet, da sie ohne seine Standhaftigkeit gewiß unterlegen wären,
und wenigstens das erkämpft, was sich unter solchen Umständen erkämpfen ließ, Gleichheit
der Rechte und Erhaltung des gesetzlichen Besitzstandes. Daß Pflichtgefühl und feste Über¬
zeugung allein ihn mit Heldenmut beseelte, der ihn nie verließ während des schweren Kampfes,
zu welchem er sich berufen fühlte, wird nicht bezweifelt, wo man nach den Tatsachen urteilt;
daß er die Gerechtigkeit zu ehren wußte, hat er oft genug auch in der Hitze des erbitterten
Kampfes gezeigt. Die sanfteren Gefühle, die durch die Strenge seiner Sitten hindurchleuchteten,
die Treue und zärtliche Liebe besonders gegen seine erste Gemahlin beweisen, daß sein Gemüt
in einem Zeitalter des Hasses und der Zwietracht warmen, tiefen Empfindungen offen blieb.
Ein Heldenmut wie der seine kann von andern nicht erlernt oder eingeflößt werden. Der
Vorwurf, daß die Jesuiten zu viel Einfluß auf ihn geübt, ist um so sonderbarer, da die
damals so innige Verbindung der Glaubens- und Kirchenangelegenheiten mit dem Staate
geistliche Ratgeber für einen Fürsten notwendig machte, was selbst bei Protestanten der Fall
war. Unter den in so gehässigem Lichte hingestellten Geistlichen, welche unter Ferdinand in
Österreich großen Eiufluß hatten, waren gleichwohl ein Fürst Kardinal Dietrichstein, welcher
als Statthalter von Mähren der anerkannte Wohltäter des Landes war, ein Kardinal
Päzmäny, der in der Geschichte Ungarns nie vergessen werden wird.
Das Lebensbild Kaiser Ferdinands II. gehört zu denjenigen, welche durch eine unlautere,
Parteiliche Geschichtschreibung bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden. Bald zählte man ihn
als „finsteren Despoten" den grausamsten Wüterichen bei bald glaubte man ihn für das
Unheil des dreißigjährigen Krieges verantwortlich machen zu müssen; die Bezeichnungen
„feiger Tyrann", „ein anderer Caligula", „ein schwarzer Punkt in der Geschichte"' waren
für ihn landläufig geworden. Erst in spätern Tagen hat sich Hnrter das außerordentliche
Verdienst erworben, Ferdinand II. in das reine Licht der Wahrheit zu stellen und ihm in
der Reihe der edelsten und größten Kaiser Deutschlands seinen Platz zu sichern. Durch die
aktenmäßige Darstellung Hurters wird aller Zweifel genommen, daß sich Ferdinand bei allen
feinen Handlungen nur auf dem Gebiet des positiven Rechtes bewegte, und nur böswilliges
Vorurteil kann dem Kaiser die Anerkennung feiner Rechtlichkeit, moralischen Würde und
eitterireircheit versagen, welche die Frucht feiner kindlichen Frömmigkeit und Glaubenskraft
waren. Freilich fehlte es Ferdinand an einer hervorragenden politischen Begabung; er war