Full text: 40 Lektionen, umfassend den Zeitraum von Luther bis in die neueste Zeit (Jahrgang 2)

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mit einem Mehr von nur 5 Stimmen zum Tode verurteilt. Am 21. Januar 
1793 starb Ludwig XVI. durch die Guillotine (Gülljotine), ein von 
dem Arzte Guillotin (Gülljotäng) erfundenes FaÜschwert. Er war der 
schuldloseste der französischen Könige, an dem aber heimgesucht wurde, was 
seine Vorgänger in Leichtsinn und Übermut verschuldet hatten. — 
Warum aber hatten die zu des Königs Schutze ins Feld gerückten 
deutschen Heere die Frevelthat nicht verhindert? — Ihr Feldzug, den sie mit 
prahlerischen Hoffnungen begonnen hatten, war verunglückt. Sie waren 
nicht weiter als bis ins französische Weinland, die Champagne (Schangpanj) 
gekommen. Die Franzosen aber waren kühn vorwärts gedrungen, und 
hatten die österreichischen Niederlande und die Städte am Rhein 
weggenommen. In Mainz hatte man sie mit Jubel empfangen. Der 
Gedanke der Freiheit und die Hoffnung auf eine Umgestaltung der bürger¬ 
lichen Verhältnisse hatte auch hier gezündet. — Dieser Fortschritt der 
Republikaner machte die Machthaber besorgt und bewog sie, sich zu einem 
Kriegsbunde (einer Koalition) zusammen zu thun. England übernahm die Lei¬ 
tung, und bald kamen nun von allen Seiten neue Heere an die französischen 
Grenzen, um die Revolution niederzuwerfen. 
Während die republikanischen Heere die Feinde abwehrten, gelangten 
in Frankreich die Jakobiner zur Herrschaft. Alle Gemäßigten wurden aus 
dem Nationalkonvent ausgestoßen, und es brach die Zeit herein, die man 
die Schreckensherrschaft genannt hat. Der „Wohlfahrtsausschuß" 
verfuhr mit blutiger Strenge gegen alle Gegner der neuen Ordnung. 
Das Fallbeil hatte unausgesetzt Arbeit. Wer von Adel oder sonst ange¬ 
sehener Familie war, wer sich durch Bildung und Gesinnung hervorthat, 
den hatte der Konvent im Verdacht, daß er mit feiner Herrschaft nicht zu¬ 
frieden sei, und den traf seine Rache. Ein Blick, ein Wort, ja Thränen 
über die unglücklichen Schlachtopfer, waren hinreichend, den Unschuldigsten 
auf die Guillotine zu bringen. Nach einem raschen Verfahren vor dem 
Revolutionstribunal, das aus 5 Richtern bestand, brachte man die 
Verurteilten auf Karren zum Blutgerüste. Unter den Schlachtopfern waren 
die edelsten Männer Frankreichs. Auch die Königin Marie Antoniette 
folgte im Schreckensjahre 93 ihrem Gemahl. Das Haar der jungen 
Frau hatten die furchtbaren Leidenstage völlig gebleicht. Auch der schänd¬ 
liche, verleumderische Herzog von Orleans (welchen Namen hatte er an¬ 
genommen?) starb unter dem Fallbeil. Er war in den Verdacht geraten, 
nach der Alleinherrschaft zu streben. — 
Da alles Alte abgeschafft werden sollte, machte man sich auch an die 
Zeitrechnung. Wir rechnen unsere Jahre von Christi Geburt an. Davon 
mochten die Republikaner nichts mehr wissen. Schon 1792 hatte man mit 
Herbstes Anfang das Jahr 1 der Republik angefangen. Nun sollte auch die 
Einteilung des Jahres in Wochen nichts mehr gelten. Man machte Abschnitte 
zu 10 Tagen, die man Dekaden nannte, und hatte also nur aller 10 Tage 
einen Feiertag. Dieser aber sollte nicht etwa zur Verehrung Gottes ver¬ 
wendet werden, darüber waren die Republikaner hinaus. Robespierre 
hatte durch Verordnung den Glauben an Gott und an die Unsterblichkeit
	        
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