Full text: Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte (Band 1)

190 Erstes Buch. III. Abschnitt: Bilder aus dem Frankenreiche. 
sich einem päpstlichen Sendboten unterzuordnen, und enttäuscht wandte sich 
Bonisatins wieder nach Thüringen und Hessen, um hier, unterstützt von Karl 
Martell, unter den Ostfranken seine rastlose Thätigkeit zu entfalten. 
Bei Geismar, rechts von der Werra, verehrten die Bewohner des Landes 
noch eine dem Donnergott geweihte Eiche, die sie für unverletzlich hielten. 
Mit kühner Hand fällte Bonisatins den heiligen Baum, um den Aberglauben 
durch die That zu widerlegen. Dem heidnischen Aberglauben reichte der 
christliche sofort die Hand, indem die Sage berichtet, der Baum habe sich 
durch ein göttliches Wunder in vier Teile gespalten, woraus Bonisatins 
dann bei dem nahen Fritzlar ein dem heiligen Petrus geweihtes Kirchlein 
erbauen ließ, aus dem später ein ansehnliches Klosterstift erwuchs. Nach dem 
Falle dieses Heiligtums, der das heidnische Volk von der Ohnmacht seiner 
Götter überzeugte, nahm nun das Bekehrungswerk des Bonisatins einen 
kräftigeren Aufschwung. Er soll in Thüringen und Hessen bis 739 nicht 
weniger als 100,000 heidnische Deutsche bekehrt haben. Im Hinblick auf 
diese Erfolge erhob ihn Papst Gregor III. im Jahre 732 zum Erzbischof. 
Nach einem dritten Besuche in Rom (738) wandte der unermüdliche Mann 
auf Einladung des Herzogs Odilo seine Wirksamkeit nochmals Bayern zu, 
wo es ihm endlich gelang, den Widerstand der Geistlichkeit zu brechen. Er 
errichtete die vier Bistümer Salzburg, Freisingen, Regensburg und Passau 
und brachte dadurch Ordnung in die Kirche Bayerns und Ostfrankens. Noch 
ungehinderter entfaltete sich seine rejmmatorische Thätigkeit nach dem Tode 
Karl Martells (741); denn obgleich ihn dieser vielfach begünstigt hatte, 
zeigte er sich doch seinen Bestrebungen insofern hinderlich, als Karl die Kirche 
zu sehr zu seinen rein politischen Zwecken auszunützen suchte, über die Kirchen¬ 
güter oft willkürlich zu gunsten seiner weltlichen Anhänger verfügte und der 
geistlichen strengen Zucht zu wenig Aufmerksamkeit zuwandte. Seine in dem 
Kloster St. Denis erzogenen Söhne Karlmann und Pippin dagegen hegten 
wirkliches Interesse für die Kirche und ließen Bonisatins ihren Schutz und 
Beistand in höherem Maße zuteil werden. 
Nach dem Vorbilde Bayerns wurden nunmehr auch die Kirchenangelegen¬ 
heiten im östlichen Franken, in Thüringen und Hessen geordnet und vier neue 
Bistümer ins Leben gerufen: Würzburg für Ostfranken, Erfurt für Thüringen, 
Buraburg mit dem Kloster Fritzlar für Hessen und Eichstädt für die Pfalz. 
Gleichzeitig suchte er die im westlichen Frankenreiche arg in Verfall geratene 
Kirche zu heben und fester an den päpstlichen Stuhl zu knüpfen. — Endlich 
erwirkte er gelegentlich des im Jahre 742 abgehaltenen fränkisch*australischen 
Konzils Maßregeln zur Wiederherstellung des christlichen Glaubens in 'der 
Richtung seiner ursprünglichen Reinheit und Lauterkeit sowie zur Besserung 
der Sitten des Klerus. Von da an nahmen die fränkischen Erzbischöfe, wenn 
auch mit Widerstreben, ihr Pallium von Rom. 
Auf einem folgenden, zu Le st in es im Hennegau (745) abgehaltenen 
Konzil wurde namentlich die Abfchwörungsformel festgestellt, welche als 
eines der ältesten deutschen Sprachdenkmale angesehen wird. Nach der 
im Vatikan befindlichen Handschrift lautet sie: 
Frage: „Forsachistu diobolä?" (Widersagst du dem Teufel? — nach christlichen 
Begriffen der Heidengott Donar.)
	        
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