Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

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I. Der Landwirt in seinem Beruf. 
Mit diesen Worten war der Hofbesitzer auch schon verschwunden, 
und Johann schaute ihm ganz verblüfft nach. 
Endlich erholte er sich, kratzte sich im Haar und sagte: „Von min 
Lohn will de ole Güdsknüppel mi den Schaden afftrecken; na, dat fehlt 
ok noch bi twinti Daler Lohn; schast awers doch mal nasehn.“ 
Von unten bis oben wurde nun „de Boos“ von Johann durch— 
sucht; aber ein Mann mit einem Sack war nicht zu finden. 
Das Wort: „Ick treck Dit aff“ aber ließ Johann keine Ruhe, und 
er beschloß, auf der Hut zu sein. 
Herrschaft und Gesinde hatten sich zur Ruhe begeben; nur Johann 
war noch wach. Durch das Geäst der Pappeln, Eschen und Linden 
pfiff der Wind; an das Gemäuer und an die Fenster schlug der Regen. 
„Een wahres Deefswedder!“ seufzte Johann und gähnte laut. Jetzt 
schlug die alte holländische Uhr, welche auf der Hausdiele ihren Platz 
gefunden hatte, zwölf Schläge. Deutlich konnte Johann die hellen Töne 
der Uhr in seiner Kammer, welche sich in der Scheune befand, ver— 
nehmen. Unruhig wälzte er sich in seinem Bett, in das er sich ange— 
kleidet gelegt hatte, hin und her. Er mußte entschlummert gewesen sein; 
denn jetzt schlug die Uhr Eins. 
Doch, was war das? Leise trippelten jetzt Schritte längs der Boos— 
diele und machten vor seiner Kammer Halt. 
Mit seltener Geistesgegenwart schloß Johann die Augen und ließ 
nur ein lautes Schnarchen vernehmen. 
„De slöppt den Slaap des Gerechten,“ sagte flüsternd der Ein— 
dringling und entfernte sich leise, um seine Untersuchungen in der 
Küche anzustellen. 
„Not hedd keen Gebot!“ ruft er aus, und Würste, Speck und 
Fleischstücke wandern in den Sack. Aber auch Johann hat sich er— 
hoben, dort hinter der Scheunenthür, mit einem Dreschflegel bewaffnet, 
hütet er die Schätze seines Herrn. Jetzt kommt der Dieb zurück und 
spricht wie zum Abschied: „Wenn Ju en Deef söken wöllt, dann sökt 
em achtern Backtrog;“ dort hatte er sich nämlich verborgen gehalten. 
Sogleich aber erwiderte Johann: „Wer en Deef slan will, slaa em 
opp'n Kopp,“ und von einem wuchtigen Schlage des Dreschflegels ge— 
troffen, stürzte der Dieb zu Boden. 
War er tot? Johann's Herz klopfte heftig; doch nein, jetzt regte 
sich der Unglückliche Auf das Rufen des Knechtes waren die Haus— 
genossen erwacht und herbeigekommen. Zornig blickte der Hausherr auf 
den frechen Dieb. 
„Dar liggt de Deef, uns Weert,“ sagte Johann, „awers geern wull 
ick min ganz Jahrslohn missen, wenn de Kerl man weller beter wurr;“ 
dann begiebt er sich seufzend in seine Kammer. 
Mit Blut überströmt, einen bittenden Blick auf den Bauer 
werfend, richtet der Dieb sich jetzt in die Höhe, und der Bauer er— 
kennt einen Tagelöhner, der einst vor vielen Jahren mit ihm auf der 
Schulbank gesessen.
	        
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