II. Friedrich I., Barbarossa. 2. Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe. 449
Doppelstellung begründeten nach zwei Seiten auseinander gehenden Interessen
Heinrichs des Löwen ernstlich miteinander in Widerspruch gerieten, war
ein Konflikt gegeben, der zugleich die gesamte Grundlage der Politik Friedrichs
antastete und die Macht desselben geradezu in ihrer Wurzel bedrohte. So
schwere Unruhen einzelne Teile des Reiches in dem letzten Jahrzehnt ge¬
troffen hatten, dieser Konflikt war bisher noch nicht eingetreten; und zwar
war er, so nahe er zeitweise durch die Verhältnisse gerückt zu sein schien,
vermieden, hinausgeschoben worden nur dadurch, daß der Kaiser, welcher
den Wert seines Bundes mit dem Welfen und die Unentbehrlichkeit desselben
für feine eigene Stellung ant besten kannte, überall da, wo die Möglichkeit
eines solchen Konfliktes auftauchte, dieselbe durch Nachgiebigkeit gegen den
Welfen und durch neue Zugeständnisse an dessen Macht zu beseitigen eilte.
Die Opfer aber, welche so zur Aufrechterhaltung des guten Einvernehmens
mit Heinrich dem Löwen gebracht wurden, gingen in jener Zeit nicht mehr
wie damals, wo es sich um die Ausgleichung des Streites über Bayern
handelte, auf Kosten Friedrichs und der königlichen Macht desselben, sondern
auf Kosten und zum Schaden der anderen Fürsten, namentlich derer
Sachsens, welche sich durch die steigende Macht des Herzogs schließlich in
allen ihren Rechten bedroht, ja ihre ganze fürstliche Stellung gefährdet
sahen.
Aber nicht bloß im Innern des Reiches und den Nachbaren int
Norden und Osten gegenüber war Heinrich der Löwe der gewaltige Ver¬
treter der kaiserlichen Macht, die ihn selbst in jeder Weise hob und be¬
günstigte, er war zugleich die wichtigste Stütze des Gegenpapsttums, welches
eine Zeit lang beinahe durch ihn allein im Norden der Alpen noch auf¬
recht erhalten wurde: geistlichen und weltlichen Fürsten, unter denen die
Abneigung gegen das Schisma und der Wunsch, Alexander III. anzuerkennen,
in bedenklicher Weise zunahmen, war er gleichsam zum Wächter und Aufseher
gesetzt. _
Die Grundzüge der allgemeinen Entwickelung finden wir wieder in den
Einzelheiten, welche das Wachstum und die fortschreitende Kräftigung der
Macht Heinrichs des Löwen beförderten.
Der glänzende Sieg, welchen der Sachsenherzog im Sommer 1169
aus dem Bamberger Reichstage über die gegen ihn gestiftete gewaltige
Fürstenverbindung gewonnen hatte, war keineswegs dem Erfolge seiner
Waffen, die nicht überall glücklich gewesen waren, sondern bei weitem mehr
dem Umstande zuzuschreiben gewesen, daß der Kaiser, der durch die römische
Pest und den lombardischen Aufstand eben eine so schwere Niederlage er=
litten hatte, der Hilfe des mächtigen Welfen auch im Norden der Alpen
damals mehr bedurfte als je zuvor: ein Sieg der verbündeten Fürsten
über Heinrich den Löwen wäre mit einem Siege des Alexandrinismus über
Nord- und Mitteldeutschland gleichbedeutend gewesen, und so hielt Friedrich I.
damals in der welfifchen Macht fein kaiserliches Gegenpapsttum und feine
ganze Kirchenpolitik aufrecht.
Nachdem der Kaiser selbst zu Bamberg den Sieg Heinrichs über feine
erbitterten Widersacher entschieden hatte, war der Herzog von Sachsen und
Bayern gewissermaßen auf dem Gipfel feiner Macht angekommen. Denn
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