II. Friedrich I., Barbarossa. 2. Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe. 453
Gertrud, der Witwe des 1167 der römischen Pest erlegenen Herzogs Friedrich
von Schwaben: denn die Waldemars Sohn früher verlobte jüngere Tochter
Heinrichs aus dessen erster Ehe war inzwischen gestorben. Nun erst schien
das Werk Heinrichs des Löwen für alle Zukunft gesichert, denn die erneute
Einigung Dänemarks und des Sachsenherzogs nahm den Slawen jede Aussicht
auf einen Erfolg ihres Widerstandes; von zwei Seiten bedrängt, mußten sie
sich nun wohl oder übel dem Christentum und der mit demselben vordringenden
deutschen Kultur fügen. Die kirchlichen Stiftungen jenseit der Elbe, von
denen namentlich das in den Kämpfen der letzten Jahre mehrfach schwer ge¬
schädigte Bistum Schwerin sich der eifrigsten Fürsorge und Unterstützung des
Herzogs zu erfreuen hatte, gewannen an Bedeutung und Einfluß. Die See¬
räubereien der Slawen kamen allmählich ganz außer Übung, und statt der
einst allgemein gefürchteten Piratenschiffe segelten jetzt friedliche Kauffahrer
von Küste zu Küste, und es sammelten sich die Kaufleute der nordischen
Länder zu Handel und Tausch in Bremen und anderen Küstenorten, namentlich
aber in Lübeck, der Lieblingsgründung des Herzogs, das mehr und mehr
in die Höhe kam und sich in kurzer Zeit zur ersten Handelsstadt der
deutschen Ostseeküste aufschwang. Ungefährdet saß jetzt der deutsche Kolonist
auf dem von ihm urbar gemachten Boden, welcher die mühselige Arbeit der
ersten Jahre durch reichen Ertrag auf das schönste lohnte. In ihrer Ver¬
einzelung vermochten die Slawen nicht mehr sich diesem geschlossenen Vor¬
dringen der Deutschen zu widersetzen und zogen sich daher entweder scheu
ostwärts in die noch von keiner Kultur berührten Sumpfwälder zurück,
wo sie ungefährdet nach ihrer alten Art leben konnten, oder sie gaben endlich
den der deutschen Kultur so lange geleisteten hartnäckigen Widerstand auf
und fügten sich der ihnen in jeder Hinsicht so weit überlegenen Macht.
Sogar Pribislaw, des Nielot Sohn, welcher den Kamps seiner Landsleute
gegen die Deutschen bisher besonders eifrig geschürt hatte, that das jetzt:
die Reste seines Stammes sammelte er in den von ihm erbauten Städten
Mecklenburg, Jlow und Rostock und war eifrig bemüht, das uustäte Volk
zu der friedlichen Thätigkeit des Ackerbaus und des Handels zu gewöhnen.
Die Pflanzung, deren Sicherung Heinrich der Löwe den besten Teil feiner
Kraft und die reichste Arbeit seines Lebens gewidmet hatte, hatte jetzt feste
Wurzeln geschlagen und war in einem Zustande so gedeihlicher Entwickelung
angelangt, daß der Herzog in diesem nördlichen Gebiete sein Werk in der
Hauptsache als abgeschlossen ansehen konnte.
Heinrichs des Löwen süddeutsches Herzogtum Bayern und dessen Ver¬
hältnisse treten in jenen Jahren gegen die hohe Bedeutung Sachsens wesentlich
zurück: es fehlt dort die schnell fortschreitende, das Alte zerstörende und
völlig Neues schaffende Entwickelung, deren Schauplatz gerade Sachsen in so
besonders hohem Grade war. In Bayern hatte Heinrich der Löwe von
vornherein fest geordnete, im Lause der Zeit allmählich gewordene Zustände
vorgefunden und zwar festgeordnet in der Art, daß ihm dieselben geradezu
als Vorbild dienen konnten, als er darauf ausging, für das Herzogtum in
Sachsen eine bisher völlig unbekannte Machtfülle zu gewinnen. Denn eben
die hohen herzoglichen Rechte, welche er in Sachsen den bisher unabhängigen
Grafen gegenüber erzwingen wollte, übte er wie die früheren Herzöge von