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er sich zunächst für keinen der beiden Könige. Als aber Philipp
ii99 1199 siegreiche Fortschritte machte, erklärte Jnnocenz, er habe
die Streitigkeiten der Könige als Schiedsrichter zu entscheiden
Zwar trat die staufische Partei dieser Anmaßung durch eine
i2oi Erklärung entgegen, als aber Philipp 1201 abermals bedeutende
Vorteile errang und besonders die ihm bisher feindlichen
niederländischen Fürsten ihn als König anerkannten, schloß Jnno¬
cenz mit Otto zu Neuß einen Vertrag, worin dieser dem Papste
Gehorsam schwor und auf alle Rechte des Reiches in Mittel¬
und Unteritalien verzichtete. Er ward nun von Jnnocenz an¬
erkannt und nannte sich König von Papstes Gnaden
während Philipp, ohne daß er Veranlassung gegeben, dem Banne
verfiel. Auch er suchte jetzt mit Jnnocenz zu verhandeln und
war zu dem bisher vou ihm verschmähten Mittel geneigt, dem¬
selben königliche Rechte aufzuopfern, doch ohne Erfolg. Aber
trotzdem daß Jnnocenz von Philipp viele Fürsten abgezogen hatte,
so daß eine zeitlang Otto das Übergewicht zu erhalten schien,
wendete sich das Kriegsglück doch wieder auf die Seite des
Staufers. Denn Ottos herrisches Wesen schreckte viele von ihm
zurück und sogar sein eigener Bmder Heinrich, dem er Braun¬
schweig nicht geben wollte, fiel von ihm ab. So konnte sich
Philipp 1205 zu Aachen von neuem krönen lassen, auch er¬
oberte er Köln und knüpfte abermals Unterhandlungen mit
dem Papste an. Er gelobte diesem Unterwerfung und ward
dafür vom Banne befreit und 1208 als König anerkannt.
1208 Eben stellte er ein großes Heer auf, um Otto ganz und gar
ZU besiegen, als er zu Bamberg vom Pfalzgrafen Otto
von Wittelsbach unter Einverständnis des Bischofs von
Bamberg aus Privathaß ermordet wurde.
Der elfjährige Kampf hatte die traurigsten Folgen gehabt,
er war nicht weniger ein Krieg zwischen zwei Kronbewerbern
als ein solcher der Fürsten gegen das Königtum gewesen.
Das Reichsgut war maßlos verringert worden, da die Treue
der Fürsten bald erkauft, bald belohnt werden mußte; diese
Verschleuderung der Krongüter führte dahin, daß nach fünfzig
Jahren die Königswürde allen wirklichen Inhaltes beraubt war.
schlimmer waren die Verluste dem Papste gegenüber. Das
Spolienrecht war ihm geopfert worden; er, nicht Philipp, hatte
Heinrich VI. beerbt. Seine Macht und sein Ansehen nahmen
einen solchen Aufschwung, daß die Könige von England und
Aragonien ihre Reiche von ihm zu Lehen nahmen. Auch der
Osten ward ihm durch die Kreuzfahrer, welche 1204 Byzanz
eroberten (s. Seite 140) gewaltsam Unterthan gemacht. Aber
trotzdem und trotz des außerordentlichen Wachstums des Ein¬
flusses der Fürstenmacht ging die Idee des Kaisertums nicht