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II. Lyrische Poesie.
Tu, was jeder loben müßte.
Wenn die ganze Welt es wüßte;
Tu es, daß es niemand weiß.
Und gedoppelt ist sein Preis.
Sich im Spiegel zu beschaun,
Kann den Affen nur erbaun.
Wirke! — Nur in seinen Werken
Kann der Mensch sich selbst bemerken.
Am Abend wird man klug
Für den vergangnen Tag,
Doch niemals klug genug
Für den, der kommen mag.
Ich will, so spricht der Herr; der Diener spricht: Ich soll.
Wenn du zugleich dir Herr und Diener bist, steht's wohl.
Leute, welche müßig gehn.
Ärgert es, daß andre schaffen:
Wo sie einen Jagdhund sehn.
Müssen Straßenhunde klaffen.
Nicht der Arme nur bedarf des Reichen,
Auch der Reiche des Bedürftigen;
Nicht der Diener nur des Herrn, desgleichen
Auch der Herr des Unterwürfigen.
205. L^erbstlied.
Johann Graudenz von Salis
1. Bunt sind schon die Wälder,
Gelb die Stoppelfelder,
Und der Herbst beginnt.
Rote Blätter fallen.
Graue Nebel wallen,
Kühler weht der Wind.
2. Wie die volle Traube
Aus dem Rebenlaube
Purpurfarbig strahlt!
Am Geländer reifen
Pfirsiche, mit Streifen
Rot und weiß bemalt.
Seewis. Gedichte. Zürich.
3. Sieh, wie hier die Dirne
Emsig Pflaum' und Birne
In ihr Körbchen legt;
Dort mit leichten Schritten
Jene goldnen Quitten
In den Landhof trägt!
4. Flinke Träger springen,
Und die Mädchen singen;
Alles jubelt froh!
Bunte Bänder schweben
Zwischen hohen Reben
| Auf dem Hut von Stroh.