Friedrich Wilhelm IV.
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Bei seinem Tode gab sich die gleiche Trauer kund wie 30 Jahre
vorher beim Ableben seiner Gemahlin. An ihrer Seite fand er seine letzte
Ruhestätte. Das Grab wurde von Rauch mit einem prächtigen Marmor¬
bilde des Königs geschmückt. Die Rheinprovinz bezeugte ihre Dankbar¬
keit gegen den vielgeprüften Herrscher, indem sie ihm zu Köln ein gro߬
artiges Reiterstandbild errichtete.
2. Friedrich Wilhelm IV.
a) Jugend und Geistesrichtung. Friedrich Wilhelm IV., der älteste
Sohn Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, war von der Natur
reich begabt/ Seine Erzieher erfüllten ihn mit Begeisterung für Literatur
und Kunst; auch befestigten sie die religiöse Gesinnung, welche die
fromme Mutter in die empfängliche Seele des Prinzen gepflanzt, hatte.
Als Knabe sah er die Schmach des Vaterlandes, als Jüngling zog er in
den Befreiungskampf. Eine tiefe Sehnsucht nach einem einigen,
starken Deutschland brachte er heim aus dem Kriege. Durch die
eingehende Beschäftigung mit der Geschichte des Mittelalters erhielt
dieses Gefühl immer neue Nahrung.
b) Thronbesteigung und erste Regierungshandlungen. Dem Könige
kamen die freudigsten Hoffnungen entgegen; denn man erwartete von
ihm die Erfüllung der lange gehegten Wünsche: Einigung Deutschlands in
einem Bundesstaate und größere Freiheit des öffentlichen Lebens. Eine
seiner ersten Regierungshandlungen war die Begnadigung der Männer,
welche unter seinem Vater wegen politischer Vergehen bestraft worden waren
(E. M. Arndt, L. Jahn, Fritz Reuter). Den Streit mit der katho¬
lischen Kirche, der die letzten Jahre seines Vorgängers erfüllt hatte,
legte er bei und gestattete ihr die freieste Ausübung ihrer Tätigkeit.
c) Die Zeit von 1840 bis 1848. Der erste Abschnitt der Regierung
Friedrich Wilhelms IV. erscheint als eine Zeit des Übergangs zu der
Revolution des Jahres 1848. Immer mehr Zündstoff häufte sich in
unserem Vaterlande, bis er bei dem Ausbruch der französischen Februarrevolution
in Flammen geriet.
1. Die Erstarkung der deutsch-nationalen Bestrebungen. Allgemeiner
Unwille entstand in Deutschland, als im Jahre 1840 die Franzosen von
neuem den Ruf nach der Rheingrenze erhoben. Damals dichtete der
Bonner Nikolaus Becker ein trotziges Rheinlied: „Sie sollen ihn nicht
haben." Um dieselbe Zeit verfaßte der Württembergs Max Schnecken-
burger „Die Wacht am Rhein", welche von dem Thüringer Karl Wilhelm
in Musik gesetzt wurde. Im Jahre darauf schuf der Hannoveraner Hoff¬
mann von Fallersleben das herrliche „Deutschland über alles". Die