274 21 ä)ier Seitraum. Von Friedrich II. bis zur Wiederherstellung d. Deutschen Reiches.
gleichen Töne schlug der Lübecker Emannel Geibel an. So fanden
sich die Dichter der verschiedenen deutschen Volksstämme und Staaten in
dem einen Hochgefühle für das große deutsche Vaterland zusammen. —
Zahlreiche Gesangvereine übernahmen die Pflege des deutschen Liedes
und nährten bie Flamme der vaterländischen Begeisterung. — Auch das
Turnen lebte wieder auf; es würbe als ein wichtiges Erziehungsmittel
in den Unterricht ber Schulen eingefügt unb von ben Turnvereinen eifrig
geübt, welche sich bestrebten, ben nationalen Gebanken bei ihren Mitgliedern
wach zu erhalten.
Erhebenden Ausdruck fand das nationale Empfinden bei der Grund¬
steinlegung zum Fortbau des Kölner Domes (4. September 1842).
Friedrich Wilhelm IV. sprach bie mit jubelndem Beifall aufgenommenen
Worte: „Es ist der Geist deutscher Einigkeit und Kraft, der diese Tore
baut; ihm mögen die Kölner Dompsorten Tore des herrlichsten Triumphes
werden!"
Mit besonderer Heftigkeit äußerte sich das deutsche Nationalgefühl,
als der dänische König Christian VIII. seine Absicht kundgab, die seit
alters vereinigten Elbherzogtümer Schleswig-Holstein (S. 108) aus¬
einanderzureißen und Schleswig zu einer dänischen Provinz zu machen
(1846). Damals ertönten die Klänge des bald in ganz Deutschland ge¬
sungenen Liedes „Schleswig-Holstein meerumschlungen".
2. Das Anschwellen der Freiheitsbewegung. Ter Vereinigte Land¬
tag in Preußen. Wie die Sehnsucht nach nationaler Einigung, so stieg
auch das Verlangen nach größerer Freiheit von Jahr zu Jahr. 'In Büchern
und in Flugschriften, in Zeitungen und in Reden kehrten stets die Forde¬
rungen wieder: Preßfreiheit, Schwurgerichte, Volksbewaffnung
(Abschaffung der stehenden Heere), Volksvertretung beim Bunde
(deutsches Parlament). Manche Volksmänner oder „Demokraten" gingen
in ihren Forderungen noch weiter und verlangten die Aufrichtung einer
deutschen Republik. Die Hauptherde der Volksbewegung und Volks¬
aufwiegelung waren Baden und die bayrische Pfalz, die beide stark
von Frankreich her beeinflußt wurden.
In Preußen verlangten die Wortführer des Volkes in erster Linie
eine Verfassung und eine Volksvertretung. Der König war diesen Forde¬
rungen abgeneigt; doch berief er im Jahre 1847 die Provinzialstände der
acht Provinzen als „Vereinigten Landtag der Monarchie" nach
Berlin. Der königliche Erlaß gewährte den Ständen für die Gesetz¬
gebung nur das Recht der Beratung. Damit war der größte
Teil der Mitglieder des Landtages nicht zufrieden. Die Mißstimmung