Vorgeschichte Brandenburgs bis zum Regierungsantritt des Großen Kurfürsten. 173
wohnten seit dem Abzüge der Goten die Preußen oder Prüf fett1.
Im Norden und Osten stießen an ihr Gebiet die Litauer, mit denen
sie stammverwandt waren; im Süden und Westen wurde ihr Land von
slawischen Stämmen begrenzt. Der größte Teil der Bewohner nährte
sich von Jagd und Fischfang oder von Ackerbau und Viehzucht; nur die
Samländer (zwischen den beiden Haffs im Bernsteinlande) unterhielten
Handelsbeziehungen über die Ostsee hin.
Ein Geschichtschreiber aus der Zeit Kaiser Heinrichs IV. rühmt die
Gastfreundschaft der Preußen und weiß nur an ihnen zu tadeln,
daß sie so zähe an ihren heimischen Göttern festhielten. In den
christlichen Glaubensboten sahen sie nichts als die Werkzeuge der Fremd¬
herrschaft. Als Kaiser Ottos III. Freund, der böhmische Bischof Adalbert
von Prag, ihnen das Evangelium verkündete, wurde er erschlagen. Ver¬
geblich waren auch die Bekehrungsversuche, die der Zisterzienfermönch
Christian im Anfang des 13. Jahrhunderts machte. Die Preußen drangen
sogar in die polnischen Länder ein und zerstörten christliche Heiligtümer.
2. Tie Eroberung Preußens durch den Deutschen Orden. Da die
Polen der Preußen selber nicht Herr werden konnten, baten sie den
Deutschen Orden um Hilfe. Dessen Hochmeister Hermann von Salza
entsandte einen Teil der Ordensritter, um die Preußen zu bekriegen und
für das Christentum zu gewinnen. Kaiser und Papst begünstigten das
Unternehmen, und der beständige Zuzug von Rittern, deutschen
Bürgern und Bauern sicherte seinen Erfolg. „In Preußen, da ward
er zum Ritter", war lange der beste Ruhm des christlichen Edlen. Schritt¬
weise drang der Orden die untere Weichsel hinab bis an die Ostsee vor.
Jede neue Eroberung wurde durch starke Burgen gesichert, unter deren
Schutz zahlreiche deutsche Städte, wie Thorn, Kulm, Elbing, Königs¬
berg, entstanden. Nach 53jährigem Kampfe (1230—1283) war das
gesteckte Ziel erreicht. Die Sieger nannten sich nach den Unter¬
worfenen, die zum großen Teil in den Kämpfen zu Grunde gegangen
waren und deren Sprache später ganz ausgestorben ist. Während der
Eroberung Preußens gewann der Orden durch seine Vereinigung mit den
Schwertbrüdern Kurland und Livland (1237).
So entstand als eine Schöpfung der vereinigten deutschen Volkskraft ein
neues Deutschland. Im Jahre 1309 verlegte der Hochmeister des Deutschen
Ordens seinen Sitz von Venedig, wohin er sich nach dem Verluste des Heiligen
1 Vielleicht abzuleiten von Po — an, neben (vgl. Pommern — am
Meere) und Ruß, einem Mündungsarm der Memel. Die erst später gebildete
lateinische Form Borussi hat zu der falschen Ableitung po = neben und JRussi —
Russen geführt.