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gründeten 1808 einen deutschen Tugendbund, um das Edlere
im Volke zu beleben und es vor französischem, sittenlosem Wesen zu
bewahren. Die Kühnsten unter den preußischen Patrioten wähnten,
die Stunde der Entscheidung sei herbeigekommen, so der Herzog
Wilhelm von Braunschweig-Oels, der Sohn des bei Auerstädt
gefallenen preußischen Feldmarschalls, der Führer der „schwarzen Schaar",
der sich nach England retten mußte, und der tapfere Freischaarenführer,
der preußische Husaren - Major von Schill, der am 31. Mai 1809
zu Stralsund durch Danen den Heldentod fand. Eilf seiner muthigen
Schaar wurden nach Wesel gebracht und dort auf einer Weide er¬
schossen am 10. September 1809. Ein schönes Denkmal ziert ihr Grab.
43. Die Opfer zu Wesel.
Generalmarsch wird geschlagen zu Wesel in der Stadt,
Und Alle fragen ängstlich, was das zu deuten hat.
Da führen sie zum Thore hinaus, still, ohne Laut,
Die kleine Schaar, die heiter dem Tod ins Auge schaut.
Sie hatten kühn gefochten mit Schill am Ostseestrand
Und gehn nun kühn entgegen dem Tod fürs Vaterland.
Sie drücken fick wie Brüder die Hand zum letzten Mal;
Dann stehn sie ernst und ruhig, die Etlfe an der Zahl.
Und hoch wirft Hans von Flemming die Mütze in die Luft:
„Es lebe Preußens König!" die Schaar einstimmig ruft.
Dann knattern die Gewehre, es stürzt der Braven Reih',
Zehn treue Preußen liegen zerrissen von dem Blei.
Doch Einer, Albert Wedell, trotzt jenem Blutgerichk,
Verwundet nur am Arme steht er und wanket nicht.
Da treten neue Schergen, auch ihn zu morden, vor,
Und: „Gebet Achtung! — fertig!" — schallt's schrecklich ihm ins Ohr.
„O zielet," ruft er, „bester! hier fitzt das deutsche Herz!
Die Brüder überleben ist mir der größte Schmerz!"
Kaum hat er's ausgesprochen, die Mörder schlagen an,
Durchbohrt von ihren Kugeln liegt auch der letzte Mann.
So starben tapfre Preußen, durch Schande nie befleckt,
Die nun zu ew'gem Ruhme ein Stein zu Wesel deckt. (W. Schmidt.)
46. Königin Luisens Schmerz und Tod.
(19. Juli 1810.)
Was die unvergeßliche Königin, die deutscheste der Frauen, bei
dem Einbrüche des unermeßlichen Unglücks ihres Vaterlandes fühlte,
sie hat es selbst mit ergreifenden Worten in Briefen an ihren Vater
ausgesprochen. Doch sie hielt festen Glauben, daß der allmächtige Gott
das Königshaus und sein Volk wieder erretten und erheben werde.
„Zwei Haupt-Gründe habe ich," so schrieb sie, „die mich über Alles erheben;
der erste ist der Gedanke: wir sind kein Spiel des blinden Zufalls, sondern wir
stehen in Gottes Hand und die Vorsehung leitet uns, — der zweite: wir gehen
mit Ehren unter. Preußen will nicht freiwillig Sklavenketten tragen. Mein
fester Glaube ist: Gott schickt nicht mehr und legt nicht mehr auf, als wir tragen
können." Dann: „Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeer« Friedrichs des Großen;
wir sind mit der Zeit nicht fortgeschritten, deßhalb überflügelt sie uns, — das
ficftct Niemand klarer ein, als der König. — Gewiß wird es bester werden, das
verbürgt der Glaube an das vollkommenste Wesen. — Ganz unverkennbar ist