§ 30. Die Revolutionsbewegung in Deutschland 1848—1851. 79
der Deutschen" als Reichsoberhaupt und mit einem Reichstag, der aus
„Staatenhaus" und „Volkshaus" bestehen sollte.
Wie in diesen Grundlinien, so enthielt jenes Verfassungswerk in Hun¬
derten von Einzelbestimmungen bereits das meiste von dem, was 1867 der
Norddeutsche Bund und 1871 das neue Deutsche Reich in seine Verfassung
ausgenommen hat, namentlich auch das allgemeine Wahlrecht für das Volkshaus.
6) Erf 0 lgl 0 fe Kaiferwahl. Österreich hatte gegen die
im Entstehen begriffene Verfassung Deutschlands im voraus Verwah¬
rung eingelegt; anderseits war auch König Friedrich Wilhelm IV. von
Preußen nicht gesonnen, die Kaiserkrone ohne Zustimmung der Regierungen
anzunehmen. In seiner Ratlosigkeit beschleunigte das Parlament die
letzten Abstimmungen. Noch am 28. März wurde von einer geringen
Mehrheit dem preußischen König die erbliche Kaiserwürde zugesprochen.
Man hatte gehofft, durch das Gewicht einer vollendeten Wahl den König
umstimmen zu können. Vergeblich, denn Friedrich Wilhelm IV. schlug,
wenn auch erst nach ergebnislosen Verhandlungen mit den übrigen
Regierungen, die ihm angetragene Kaiserkrone endgültig aus (28. April
1849).
4. Das Ende des Frankfurter Parlaments 1849. Aus Anlaß der voll¬
zogenen Kaiserwahl waren die österreichischen Parlamentsmitglieder aus
Frankfurt abberufen worden. Nachdem Friedrich Wilhelm IV. die Krone
abgelehnt hatte, schieden auch die preußischen Abgeordneten aus, andere
solgtem ihrem Beispiele. Vergeblich bemühten sich die Zurückbleibenden,
das Ansehen des Parlaments und seiner Beschlüsse durch Berufung an
das deutsche Volk aufrechtzuerhalten. Die hierdurch an verschiedenen
Orten veranlaßten Empörungen forderten nochmals den bewaffneten
Widerstand der Regierungen heraus. Mittlerweile war der geringe Rest
der Abgeordneten (unter ihnen Ludwig Uhland) als „Rumpfparlament"
nach Stuttgart übergesiedelt. Dort aber wurde ihnen die Fortsetzung
ihrer Beratungen durch polizeiliches Einschreiten verwehrt (18. Juni).
Auch Erzherzog Johann legte sein Amt nieder, nachdem die „einstweilige"
Führung der Zentralgewalt an eine österreichisch-preußische Kommission
übergegangen war.
Die letzten Auf st ä n d e in Sachsen, in Baden uud der Pfalz (Mai
und ^uni 1849) waren auf Ansuchen der Landesregierungen durch preußisches
Militär unter dem Prinzen Wilhelm unterdrückt worden. Über die Schuldig¬
befundenen ergingen Haft^trafen und Todesurteile; doch retteten sich viele
der Beteiligten durch die Flucht in die Schweiz und nach Amerika (Gottfried
Kinkel, Karl Schurz). Über die Vereinigung der Fürstentümer Hohenzollern-
Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen mit der Krone Preußen vgl. S. 84.