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anderweiten Gebrauch seiner Kraft abgehalten, und der Papst
legte sich auf das Vermitteln. Die zweideutige und schwan¬
kende Politik des kirchlichen Oberhauptes in allen Fragen,
welche die kaiserliche Macht betrafen, trat dabei in das hellste
Licht. Rom erkannte es nicht als seine erste Pflicht, die
Unterthanen im Gehorsam gegen ihre weltliche Obrigkeit zu
erhalten und den Abtrünnigen mit allem Ernst entgegenzu¬
treten, sondern es faßte vornehmlich den Nutzen oder den
Schaden ins Auge, welche ihm durch sein Eingreifen erwach¬
sen konnten. Ein Interesse war freilich vorhanden, um
derentwillen es Friedrich beizustehen Veranlassung hatte: die
Verfolgung der Ketzerei, welche in vielen Städten der Lom¬
bardei, besonders in Mailand sich eingenistet hatte, wozu sich
Friedrich immer von neuem verpflichtete. Uebrigens schien es
dem Papst geboten, dem Kaiser die Wege, welche zur Her¬
stellung der Monarchie auch in dem Norden Italiens führten,
nicht zu ebnen, sondern im Gegentheil die Hindernisse, welche
seinem Streben begegneten, ungestört ihre Kraft entwickeln zu
lassen oder, wenn es nöthig schien, gar zu stärken. War
doch, wenn zu beiden Seiten seines Gebiets der unumschränkte
Wille der obersten weltlichen Macht gebot, die eigene Macht
von den größten Gefahren bedroht und waren doch in diesem
Falle alle Aussichten für die Zukunft abgeschnitten. Der
Schiedsspruch von Honorius III., der 1227 erlassen wurde,
entsprach deshalb auch keineswegs den Erwartungen, welche
die verletzte fürstliche Autorität erwarten konnte. Schon die
Begründung, welche von der Unmöglichkeit ausging, daß der
Kaiser bei der Fortdauer des gegenwärtigen Zustandes die
Ketzerei ausrotten könnte, lautete eigenthümlich, wunderbar
aber mußte die Geringfügigkeit der Buße, welche den Lom¬
barden auferlegt wurde, erscheinen: dafür daß der Kaiser die
Acht aufhob und alle anderen Strafurtheile zurücknahm, hat-