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Urtb der zweite Akt zeigt, daß, wenn auch der erste angriffsfreudige
Geist der deutschen Reformation dahin war, dennoch von einem Stillstand
der evangelischen Bewegung nicht die Rede sein konnte. In der Schweiz
entstand eine dritte Art der Reformation, der Calvinismus, der, vom
ersten Anfang an ebenso politisch wie religiös angriffslustig, ein neues
Vordringen der evangelischen Bewegung in Europa bewirkte. Am Ende
dieses zweiten Aktes waren England, Schottland, Skandinavien ganz
der Refomation gewonnen, von Deutschland neun Zehntel, selbst in den
kaiserlichen Erblonden griff sie immer mehr um sich, während auch in
Frankreich die Hugenotten sich Duldung erkämpft hatten. Der feste
Besitz der katholischen Kirche beschränkte sich auf Italien und Spanien,
während Frankreich wohl noch offiziell der Kirche angehörte, dennoch
aber die „Ketzer" duldete, und in Deutschland war es in der Hauptsache
Bayern, das fest an der Kirche hielt, obwohl auch hier an verschiedenen
Stellen die Reformation Fuß gefaßt hatte.
Wenn wir diesen Kampf auffassen als einen Kampf der Zentralgewalt
— des Papsttums — um die Alleinherrschaft in ihrem Gebiet, entgegen
den nach Befreiung strebenden Einzelnen — sowohl Ländern als auch
Einzelpersonen — so sehen wir, daß von einer kirchlichen Zentralgewalt
kaum noch geredet werden konnte, denn in Spanien und Frankreich,
den beiden außeritalienischen katholischen Mächten hatten sich Landes¬
kirchen gebildet, die der Zentralgewalt ebenso frei gegenüberstanden
wie die politischen Teilgewalten in Deutschland der politischen ^entral-
gewalt.
Wenn die Kirche nicht ihrer völligen Zersprengung, die päpstliche
Gewalt ihrem völligen Untergang entgegen sehen wollte, so mußte die
Kirche sich zum Gegenangriff rüsten, der mit allen Mitteln, inneren wie
äußeren, friedlichen und kriegerischen, geistlichen und weltlichen, eine
Kräftigung der katholischen Sache bewirkte und das verlorene Herrschafts¬
gebiet wieder der Kirche und dem Papsttum unterwarf. Es ging für
die Kirche jetzt um Sein oder Nichtsein.
Aber auch auf politischem Gebiet war ein Kampf der Zentralgewalten
gegen die Teilgewalten entbrannt und hatte fast überall zum Siege der
ersteren geführt. In Spanien, Frankreich, England, Schottland und
Skandinavien hatten die Herrscher es verstanden, eine straffe monarchische
Regierung einzurichten, die sich die bisher übermächtigen weltlichen und
geistlichen Vasallen unterwarf und sie zu willigen Dienern der Krone
machte. Es waren so Einheitsstaaten geschaffen, in denen die monarchische
Gewalt sich im Mittelpunkt des Regiments befand und das Land fast
oder ganz unumschränkt beherrschte.
Umgekehrt war es in Deutschland geworden. Die Zentralgewalt
hatte es trotz ihrer ungeheuren Machtmittel, die sich in den Händen Karls V.
vereinten, nicht vermocht, die seit Jahrhunderten irrt Gange befindliche
Bewegung, die zur Dezentralisierung führte, wieder zurückzudrehen; irrt
Gegenteil, die Bewegung stand vor ihrem Abschluß: die Territorial¬
hoheit war durch die Bildung von Landeskirchen zu ihrer Vollendung
gekommen — doch sie mußte noch eine Prüfung bestehen, ehe sie zur Ruhe